Seit 25 Jahren gehört die DDR der Vergangenheit an. Wenn ihrer gedacht wird, dann eher nebenbei, und weil der Westen glücklich ist, sie loszusein. Bei Anlässen, sie historisch einzuordnen, heißt es mit Nachdruck: Es gibt keinen Zweifel, die DDR war ein Unrechtsstaat.
Bleibt die Frage, woran man einen Unrechtsstaat erkennt. Das hab ich mich gefragt, und kam darüber ins Grübeln. Unrecht war sicherlich, die Bürger der DDR daran zu hindern, nach ihrer Wahl in den Westen zu reisen. Statistik ist was für Magazin-Verwalter. Und doch komm ich nicht umhin, festzustellen, daß die USA in Umkehrung weltweit Zehntausenden verwehrt, in die Vereinigten Staaten, überhaupt nach Nordamerika zu reisen, selbst ganz unbescholtenen Menschen. Es genügt, die Politik der Vereinigten Staaten unter die Lupe zu nehmen. Sie hat auf allen westlichen Flughäfen Sicherheitsbeamte, die den ihnen unliebsamen Reisenden hindern, ins Flugzeug seiner Wahl einzusteigen.
Die DDR hatte Bautzen, ein schlimmer Ort des Unrechts. Die USA haben Guantanamo, ein schlimmer Ort des Unrechts. Die DDR war für viele Chilenen die Rettung vor Verfolgung und Ermordung, derweil die CIA mithalf, Allende und Zehntausende Chilenen zu ermorden. Chile war unter der Diktatur Pinochets sicherlich ein Unrechtsstatt, aber wohlgelitten von den Mächtigen in den USA. Saudi-Arabien ist ein diktatorischer Unrechtsstaat bis zum heutigen Tag und gleichzeitig der Busenfreund der USA.
© Rolf Hannes
Ich sagte es schon, Statistik geht am Schicksal des einzelnen Menschen vorbei. Jeder Mord, jedes Unrecht steht für sich. Holocaust ist ein Wort, Nakbah ist ein Wort. Das eine beschreibt das Unrecht der Nazis an den Juden, das andre das Unrecht der Israelis an den Palästinensern.
Einordnungen, was Recht ist, was Unrecht, werden von den Siegern, den Mächtigen vorgenommen.