Wanderer, Läufer und Tippelbrüder

 


Zeichnung: Rolf Hannes

Heute, am Sonntag, einen Spaziergang durch den Wald entlang des Dreisamtals nach
St. Ottilien unternommen (der Spaziergänger auf längerer Strecke ist der gemütlichere Wanderer, sagen wir: 5 km hin, 5 zurück). Ab 10 gibt’s dort Frühstück hatte ich erfahren, und da ich heute unbeweibt bin, ging ich frohgemut auf ein sonntägliches Frühstück zu. Außerdem hat St. Ottilien den Vorzug einer wundertätigen Quelle. Du gehst durch die Kapelle, auch an Tagen, an denen der Gasthof geschlossen ist, ist sie schon frühmorgens offen, steigst durch einen modrig welkenden Raum eine Treppe ums Eck hinunter und stehst vor einem Rinnsal, das aus einem künstlich aufgehübschten Felsen rieselt. Seit vielen Jahren schon bin ich des Katholischen überdrüssig, aber mit einigen Kirchlein, Kirchen, Domen hab ich ein privates Abkommen und darf mich in ihnen der göttlichen Ruhe und Einkehr hingeben. Auf so vertrautem Fuß steh ich auch mit einigen Heiligen. Und es stimmt, ich benetze meine Augenlider mit dem Wasser der Heiligen Ottilie, und, zuhause angekommen kann ich böse Bücher besser belesen mit meinen altersmüden Augen.

Unterwegs, mir entgegenkommend oder mich überholend, die eingeschworene Schar der Wanderer und Läufer. Wie gute Bekannte verhalten sie sich untereinander, selbstverständlich mit Freundlichkeit begegnend. Nach kaum einer halben Stunde habe ich schon 9 freundliche Begrüßungen eingeheimst. Mehr als mir die Stadt in 10 Jahren zukommen läßt. Aber Obacht! Nicht sentimental werden. Es gibt Wanderer und Spaziergänger, die möchten weder gegrüßt werden noch grüßen. Du siehst es ihnen schon auf 7 Schritte Entfernung an. Sie schauen meist konzentriert vor sich hin, sie haben einfach nicht den Nerv, den Kopf zu bewegen, weil sie mit sich und der Welt anders beschäftigt sind. Oder sie sind in ein Gespräch vertieft mit ihrem Mitschreiter. Oder es ist gar ein Paar, das sich unterhält, sie schaffen einen Raum um sich, der respektiert werden will.

Wird fortgesetzt.

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