Wasch mich, aber mach mich nicht nass’
Jedenfalls hat Putin aus gutem Grund die russische Staatsverschuldung niedrig und die Energieabhängigkeit des Westens hoch gehalten. Die sorgsam installierte Peitsche lässt er uns nun spüren, das war vorhersehbar. „You can`t eat the cake and have it“, lautet ein bekannter englischer Spruch. Auf Deutsch kennt man die Lebensweisheit unter „Wasch mich, aber mach mich nicht nass“. Dass das nicht geht, einen Widerspruch in sich darstellt, ist bekannt. Hätte man also gewollt, dass Putin keinen Krieg beginnt, hätte man ihn durch show of force und den deutlich gezeigten Willen, keinen Krieg in Europa zuzulassen – was die Ukraine inkludiert – davon abhalten müssen. Das Gegenteil ist geschehen. Auf die offensichtlichen Kriegsvorbereitungen Russlands wurde mit Presseverlautbarungen mit dem Inhalt reagiert, dass nicht eingegriffen werden würde. Putin kannte das schon von der vorherigen Invasion und Okkupation von Teilen der Ukraine, die ‚Strafe‘ sind ein paar für ihn harmlose Sanktionen, dann geht man zum ‚business as usual‘ über. Die Verteidigungsbereitschaft des Westens ist gering, allenfalls in homöopathischen Dosen vorhanden. Nicht nur eine Mehrheit der Deutschen, sondern auch die der anderen europäischen NATO-Länder wäre nicht bereit, z. B. das Baltikum zu verteidigen. Wegschauen statt vertraglich garantierte (!) Beistandsleistung hielt die Mehrheit der Deutschen für eine gute Idee, den Amerikanern zu Hilfe eilen will die Mehrheit nicht. Umgekehrt sind die Amerikaner eher zur Hilfeleistung bereit. Auf die bewusste Gefahr hin, mich komplett unbeliebt zu machen: Von ganzem Herzen thank you, USA!
Deshalb wundert es mich sehr, wenn einige meinen, Putin würde die NATO nicht angreifen. Warum sollte er das nicht tun? Die NATO könnte ihn besiegen, klar. Aber nur, wenn sie wollte. Die Verteidigungsbereitschaft ist allerdings offensichtlich gering. Um das zu wissen, braucht Putin nicht einmal einen Geheimdienst, das sind öffentlich zugängliche Informationen. Außerdem wäre es sehr fahrlässig zu unterstellen, Putin hätte über den Zustand des Westens nicht allerbeste Informationen. Nur dann, wenn der Westen den Eindruck der Schwäche glaubwürdig widerlegt hätte, wäre die Eskalationsgefahr gebannt worden.
Fortsetzung folgt.