Uprecht gooen

Bat ne Mögge füär’n klain Kind, endlik up aigenen Foiten te stooen un de ersten Schrieë te maaken. Doisendmool is et hienefallen, doisendmool wieer uppestooen. Un ennen Daages loipet et oone Hilpe, tworens mië bibbernen Knaien, unsieker nau, öber vull Stolt.

Van diän allen Griechen aanefangen üöber twaidoisend Joore dachten de Mensken, se sind ganz anners ase de Diere, weyl se uprecht gängen. Iäre Köppe weyset noo’n Steernen, dai as Guatthaiten gallen. Doorümme wuunere füär de Mensken doomools de Saile auk imme Koppe, bo se mië’m Hiemel verbungen wuur. Dierköppe weyseren noo ungene. Diere harren ment iär Friäten imme Koppe. Tüssen Mensk und Dier gafft et nix, bat se verbung.

As im niegentainten Jorrhundert dai engelischke Naturfuarscher Charles Darwin (1809 bit 1882) röitfung, dat de Mensken van Dieren aabestammeren un blauß taufällig up de Welt ekuumen wuuren, wuuren de Lüe in Knällen. Dai Kraune, dai se siek üöber sau ne lange Teyt uppen Kopp esatt harren, wuur nix meer weert. Bat nöi?

Peter Dohle - Uprecht gooen

Bild: Marianne Mairhofer

Füär diän Philosophen Arthur Schopenhauer (1788 bit 1860) wuur dai uprechte Gang en Stücke Arbet. Hai soo dai Mögge, dai siek Mensken gieben mötten, ümme uprecht gooen te können. Uprecht gooen, gitt diän Mensken Freyhait, sau dai Philosoph, öber se hätt auk dat Risiko är hienetestüärten, as bann se up vaier Bainen gott. Un dat et viele Mensken imme Rüggen hätt, lieht auk amme Uprechtgooen. Sau is dat, oone Schmiärten girr et auk kenne Freyhait.

Dai Philosoph Ernst Bloch (1885 bit 1977) ment, dat Mensken, dai uprecht gott, siek nit hieneknaien mottet, nit vüör Mensken un nit vüörm Hiemel. Mensk weert me ais, sau Bloch, bann me uprecht gett, dorümme kennen Puckel macht un doo suarget füär, dat auk annere kennen Puckel kreyget.


Nachbemerkung von R. H.

Nein, das hier ist kein Fidschi-Dialekt, auch kein Schlenkerer in die Geheimsprache der Maori, das ist, wie mir Peter Dohle versichert, ein plattdeutscher Dialekt, ein südwestfälischer. Er sei im sauerländischen Städtchen Brilon gesprochen worden und wird es noch heute, vielleicht, sagt Peter Dohle.

Er hat auch eine astreine hochdeutsche Übersetzung mitgeschickt. Aber ich finde, sie fällt ab gegen dieses irre Platt, sie ernüchtert einen gradezu. Ich war trotzdem versucht, sie gleich drunterzusetzen, weil ich uns kenne, uns Denkfaulenzer. Stattdessen möchte ich uns auffordern zu einer Übung, die mir viel Spaß und Einsicht gebracht hat: nämlich den Text einfach lesen, laut und mehrmals. So mach ichs manchmal mit Gedichten. Sie sind ja nicht dafür da, daß man sie versteht, im alltäglichen Sinn versteht, sie sind da, um durch unser Hirn zu spazieren, ihm zu vermitteln, wie viel Musik, wieviel Sprachgeheimnis in ihnen steckt.

Und genau so möchte ich unsern LeserInnen diesen wunderlichen, sprachmusikalischen Text ins Hirn, ins Herz legen.

In einigen Tagen, wenn überhaupt, folgt die hochdeutsche Übersetzung im Kommentarkästchen.

 

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Eine Antwort zu Uprecht gooen

  1. Lena Gottfriedsen sagt:

    Ich freue mich immer, wenn ich hier plattdeutsche Texte finde – auch ohne Übersetzung.
    Ich sehe das auch so, dass man dabei nicht unbedingt jedes Wort verstehen muss, um den Text wirken lassen zu können. Der besondere Reiz solcher Texte ist für mich gerade, dass man sich dabei eben ein bisschen anstrengen und mehr nachdenken muss, wenn man ihn verstehen will, und sich so viel intensiver mit der Sprache beschäftigt.

    Deshalb hier mal ein allgemeines Danke an alle, die futura99phoenix mit ihren mehr oder weniger (un)verständlichen Dialekttexten bereichern.

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