TKKG

Von Ralf Schuler

Willkommen im Land der Waschlappen, Wunschdenker und mentalen Wackeldackeln! Im Land, in dem Kinderhörspiele nur mit amtlicher Vorwarnung zu genießen sind.

Die Bestseller-Serie TKKG (14 Mio. verkaufte Bücher, 33 Mio. verkaufte Tonträger) zum Beispiel «kann diskriminierende Darstellungen enthalten, die in der Gesellschaft zu wenig infrage gestellt wurden», heißt es im Disclaimer des vertreibenden Europa-Verlags.

Und damit es auch der Letzte begreift: «Jegliche Diskriminierung ist, damals wie heute, falsch.» Man habe sich dennoch entschlossen, das Hörspiel in der Originalversion zu belassen «und die kulturellen Versäumnisse der Vergangenheit nicht zu verbergen».

Das ist sehr großzügig, wäre es doch längst überfällig, die diskriminierend angelegte Figur des Gretchens in Goethes «Faust» endlich einer zeitgemäßen Aufwertung zu unterziehen. Und auch das Hildebrandslied oder Walther von der Vogelweides Minne strotzen nur so von «kulturellen Versäumnissen»!

Wir sind angekommen in einer Zeit, in der ein Verlag vermeintlich Schädliches vertreibt, vor dem Konsum warnt, als seien harmlose Kinderkrimis gefährliche Genussmittel («Rauchen kann tödlich sein» – was im übrigen auch jeder selbst weiß und trotzdem frei entscheidet).

Vor allem aber gibt es inzwischen offenbar wieder Instanzen, die berechtigt sind, den aktuellen kulturellen und moralischen Konsens der Gesellschaft zu definieren und vor möglichen Abweichungen (mangelnder Linientreue) zu warnen, weil etwa TKKG-Team-Mitglied «Klößchen» (K) seinen Spitzenamen mit Blick auf seine Figur und Kondition (Warnung! Warnung!: fat-shaming!) erhielt oder Gabis (G) bezauberndes Aussehen mehrfach thematisiert wird.

Außerdem muss Gabi bei heiklen Operationen mitunter entwürdigend Schmiere stehen, während Athlet Tim (T) mutig vorausgeht. Geht gar nicht!

Es sind solche vermeintlichen Petitessen, die ahnen lassen, zwischen welchen pädagogischen Leitplanken Autoren heute unterwegs sein müssen und dass unpassende Realität selbstverständlich zurücktreten muss hinter gesellschaftspolitischen Wunschbildern, damit die «richtige» Erziehung nicht in den unzuverlässigen Händen womöglich bockiger Eltern verbleibt.

Vorwärts immer, rückwärts nimmer!

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