Sufi-Geschichte 24

Die Straße der Seufzer


© R. H.

Hakim Sanai sagt:

Mein Freund, alles was ist, ist durch IHN, du bist bloß ein Vorwand. Verlier dich, und die Hölle deines Herzens wird zum Himmel. Verlier dich, und alles kann erfüllt sein. Deine Selbstbezogenheit ist ein ungezogener Grünschnabel. Du bist was du bist. Drum liebst du und haßt du. Du bist was du bist. Drum Redlichkeit und Zweifel. Hoffnung und Angst treiben Zukünftiges weg von deiner Tür, verlier dich, und sie sind verschwunden.

Vor SEINER Tür: was ist der Unterschied zwischen Moslem und Christ, rechtschaffen und schuldig? Vor SEINER Tür sind alle Suchende und ER ist der Gesuchte.

Gott ist grundlos: warum suchst du nach Gründen? Die Sonne der Wahrheit kommt ungebeten, und mit ihr lernt es der Mond. Innerhalb einer Woche erfährt er sein Nichtsein, und Kommen ist Gehen.

Und gibt es die Sonne, damit der Hahn krähen kann? Was macht es ihm aus, ob es dich gibt oder nicht?

Viele sind gekommen wie du vor diese Tür.

Du wünschst deinen Weg nicht auf dieser Straße zu finden; wenn es einen Weg gibt, ist es die Straße der Seufzer.

Ihr alle seid weit weg von der Straße der Hingebung: manchmal seid ihr tugendhaft, manchmal verrucht. So hofft ihr für euch, ängstigt euch, aber wenn eure Maske der Weisheit und Narretei endlich abfällt, werdet ihr entdecken, daß Hoffen und Bangen eins ist.


Hakim Sanai, ein persischer Mystiker, lebte in Ghazni (heute Afghanistan) von etwa 1080 bis 1141.

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