Von Kai Rebmann
Die Art und Weise, wie Journalisten und allen voran die Kollegen vom ÖRR seit Jahren im Stile von Regierungssprechern agieren, mutet befremdlich bis verstörend an. Bereits im März berichtete reitschuster.de über mehrere Fälle von gekauften Journalisten und Auftragsarbeiten für die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Grundlage war eine im Januar 2023 gestellte Kleine Anfrage der AfD, die sich nach entsprechenden Honorarleistungen von Journalisten im Auftrag der Bundesregierung sowie der nachgeordneten Ministerien und Behörden erkundigte.
Jetzt stellt sich heraus: Die im März erteilte Auskunft war offenbar unvollständig. So wurden beispielsweise aus dem Auswärtigen Amt, dem Bundesinnenministerium oder dem Bundesfamilienministerium überhaupt keine Beauftragungen von Journalisten gemeldet. Deshalb hakte die AfD am 30. März 2023 mit einer ergänzenden Kleinen Anfrage nach. Und siehe da: Das Auswärtige Amt meldete unter anderem einen sogenannten „Journalist 34“ nach, der im Jahr 2021 von der damals amtierenden Großen Koalition bezahlt wurde und mehrere tausend Euro erhalten hat. Vieles spricht dafür, dass es sich dabei um Eckart von Hirschhausen handelt. Das zumindest behauptet das Portal „Pleiteticker“.
Im April 2021 moderierte von Hirschhausen in der Hochphase der Corona-Krise ausgerechnet eine Veranstaltung zu der Frage: „Ist der COVID-Impfstoff global gerecht verteilt? COVAX und die deutsche Impfdiplomatie“, wie „Pleiteticker“ berichtet. Gleichzeitig ist der Kollege aus zahlreichen sogenannten „Wissenschafts“-Formaten der ARD bekannt und trat dabei regelmäßig als vehementer Befürworter der Corona-Maßnahmen und insbesondere der „Impfung“ in Erscheinung.
Als Gast bei „Hart aber fair“ sprach sich von Hirschhausen offen für die gesellschaftliche Ausgrenzung von Ungeimpften aus. Ärzten, die aus eigener fachlicher Überzeugung ihren Patienten von der „Impfung“ abrieten, wollte der von der Bundesregierung bezahlte Haltungsjournalist am liebsten die Approbation entziehen lassen. Nicht erst seit heute wissen wir: Eckart von Hirschhausen lag ebenso wie zahlreiche seiner Kollegen und deren Auftraggeber aus der Politik mit nicht wenigen Einschätzungen spektakulär daneben.
Aber auch in der aktuellen Antwort auf die Kleine Anfrage der AfD zeigt sich die Bundesregierung um möglichst wenig Transparenz bemüht. So bleibt zum Beispiel die genaue Höhe der Vergütung für „Journalist 34“ – also angeblich von Hirschhausen – im Unklaren. Der Liste lässt sich lediglich entnehmen, dieser „Journalist 34“ war einer von mehreren Auftragnehmern, die für ihre Dienste für das Auswärtige Amt durchschnittlich 1.923 Euro erhalten haben.
Darüber hinaus musste das Bundesministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit einräumen, es habe insgesamt 4.812,44 Euro an „Journalist 34“ überwiesen. Im Gegenzug übernahm dieser eine nicht näher definierte Moderationstätigkeit und erstellte einen Videobeitrag über die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Alles im Auftrag der Bundesregierung und alimentiert mit dem Geld der Steuerzahler.
Natürlich ist es per se schon bedenklich, wenn Journalisten, die für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk tätig und damit zur Staatsferne verpflichtet sind, parallel noch bezahlte Auftragsarbeiten für die Bundesregierung durchführen. Umso problematischer wird es, wenn die in diesem Fall von der AfD begehrten Auskünfte zuerst unvollständig und dann nur häppchenweise und auf mehrfache Nachfrage hin erteilt werden.
In ihrer Kleinen Anfrage zitieren die Alternativen zu dieser Frage unter anderem Prof. Dr. Rupert Scholz, den ehemaligen Co-Vorsitzenden der Gemeinsamen Verfassungskommission (GVK), der solche Nebentätigkeiten von Journalisten wie folgt bewertet: „Der Vorgang ist hochproblematisch. Die Pressefreiheit ist verfassungsrechtlich notwendigerweise durch Unabhängigkeit von jeglichen staatlichen Organen und möglicher Einflussnahme staatlicher Stellen gekennzeichnet. Wenn Pressevertreter Honorare von Ministerien oder Bundeskanzleramt erhalten, ist das ein Stück Korrumpierung dessen, was man die vierte Gewalt nennt. Von Staatsferne und unabhängiger, kritischer Kontrolle politischen Handelns kann unter diesen Umständen keine Rede sein.“
Auch ZDF-Urgestein und reitschuster-Gastautor Peter Hahne hat zu derartigen Konstellationen eine klare Meinung: „Die Gefälligkeit, dort für 10.000 Euro zu moderieren (wie etwa „Journalist 97“ alias Linda Zervakis), heißt gleichzeitig Gefälligkeitsjournalismus auch im Beruf und im Alltag.“ Bei so engen Verflechtungen zwischen Politik und Journalismus könne man nicht mehr von Demokratie sprechen, so Hahnes Fazit.
Fragwürdig erscheint der AfD zudem die Vermengung von bestimmten Begrifflichkeiten bzw. deren Definition. So heißt es in Bezug auf die Honorartätigkeit von Linda Zervakis etwa, diese habe das Geld für die „Moderation eines Gesprächs mit dem Bundeskanzler“ am 9. Juni 2022 im Rahmen der „re:publica“ erhalten. Hierzu merkt die Oppositionspartei an: „Entweder führt man ein Gespräch mit jemandem oder man moderiert es.“
Tatsächlich hat es sich in diesem konkreten Beispiel jedoch um ein Interview gehandelt. Es ist kaum davon auszugehen, dass jemand, der von seinem Gegenüber bezahlt wird, diesem kritische Fragen stellen wird. Vielmehr setzen sich die beteiligten Parteien damit dem Verdacht aus, es handelt sich bei derartigen „Interviews“ um ein im Vorfeld sauber abgestimmtes Frage-Antwort-Spiel.