Wegen „falscher“ Impfbescheinigungen: Arzt seit einem Jahr in U-Haft. Der Fall Dr. Heinrich Habig. Während selbsternannte Klimaretter vor Gericht durchkommen, wird ein Arzt seit einem Jahr im Gefängnis festgehalten. Im Falle einer Verurteilung drohen bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe. Beobachter sprechen von einem Schau-Prozess.
Von Kai Rebmann
Der Justiz-Irrsinn in Deutschland schreibt ein weiteres Kapitel. Während Schwerverbrecher oft mit Samthandschuhen angefasst werden, springen Richter und Staatsanwälte mit kritischen Geistern ganz anders um. Ein sehr prominentes Beispiel war Michael Ballweg, der mit fragwürdigen Argumenten über Monate weggesperrt worden war – ohne Prozess, ohne Urteil! Erinnerungen an diesen Fall werden jetzt auch wieder bei Dr. Heinrich Habig wach. Der Arzt aus Recklinghausen sitzt seit dem 15. Mai 2022 in der JVA Bochum in U-Haft.
Sein Verbrechen: Dr. Habig soll in tausenden Fällen falsche Impfbescheinigungen ausgestellt und dabei auch gewerbsmäßig gehandelt haben, weshalb im Falle einer Verurteilung eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren möglich ist. Der erste Haken: Die Anklage wurde erst am 12. November 2022 erhoben, der Prozess begann im März 2023 und wird sich nach Einschätzung des Rechtsanwalts Christian Moser noch bis mindestens August diesen Jahres hinziehen.
Problem: U-Haft darf in der Regel aber nur für die Dauer von sechs Monaten angeordnet werden. Eine Verlängerung dieser Zeit ist nur in Ausnahmefällen möglich, etwa wenn Flucht- oder Verdunkelungsgefahr besteht. Genau davon geht das Gericht bei Dr. Heinrich Habig offenbar aus, weil dessen Ehefrau die marokkanische Staatsbürgerschaft besitzt. Diese befindet sich, obwohl sie wegen Beihilfe ebenfalls angeklagt ist, jedoch auf freiem Fuß – nur eine von vielen Merkwürdigkeiten im Fall Dr. Habig.
Der Angeklagte ist Facharzt für Naturheilkunde und betrieb seine Praxis als Familienbetrieb in Recklinghausen (NRW). Dr. Habig beriet und behandelte seine Patienten, die Ehefrau assistierte ihm als Sprechstundenhilfe. Der Rechtsanwalt Christian Moser, der nicht direkt an dem Fall beteiligt ist, für verschiedene Medien aber als Prozessbeobachter fungiert, analysierte den bisherigen Verlauf im Interview mit dem Sender „AUF1“.
Während der Hochphase der sogenannten „Pandemie“, die der Jurist als „kritische Zeit“ bezeichnet, soll der Arzt tausenden Menschen geholfen haben, die sich in einer persönlichen oder wirtschaftlichen Notlage befanden und auf die „existenzieller Druck“ bezüglich der Impfung ausgeübt worden ist.
Die Rede ist beispielsweise von einer frischgebackenen Mutter, die einige Besorgungen außerhalb des Krankenhauses zu erledigen hatte und dann nur gegen Vorlage einer Impfbescheinigung wieder zurück zu ihrem Neugeborenen durfte. Oder einem 18-jährigen, der sich nicht impfen lassen wollte, da ein gleichaltriger Freund kurz zuvor nur einen Tag nach dessen „Impfung“ gestorben war. Ohne Impfbescheinigung aber auch keine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, so die damals propagierte Devise.
Diesen und weiteren Menschen wollte Dr. Habig helfen und hat deshalb offenbar Impfbescheinigungen ausgestellt, ohne die Patienten der entsprechenden „Behandlung“ tatsächlich zugeführt zu haben. Der Arzt tat dies in bestem Wissen und Gewissen, weil er sich der schädlichen – mindestens aber nicht zielführenden – Wirkung der Stoffe schon sehr früh bewusst war; weil er sich damals schlicht und einfach informiert und sich dem Hippokratischen Eid sowie dem Wohl seiner Patienten mehr verpflichtet gefühlt hatte als der Gesetzeslage.
Eine Ärztin hatte Wind von der Sache bekommen und zeigte ihren Kollegen daraufhin an. Es folgten zunächst Hausdurchsuchungen in der Praxis – während der Betriebszeiten – sowie in der Wohnung des Angeklagten. Später wurden die Ermittler auch bei einigen der Patienten von Dr. Habig vorstellig und führten auch dort Hausdurchsuchungen durch. Teilweise wurden diese auch zu Blutentnahmen genötigt, um so den vermeintlichen Nachweis führen zu können, die betreffende Person sei nicht geimpft.
Laut Anwalt Moser ist das aber gar nicht möglich. Das Nichtvorhandensein von Antikörpern lasse nicht zweifelsfrei die Aussage zu, der Betroffene sei nicht geimpft, so der Jurist. In einigen Fällen habe man den Patienten auch Straffreiheit zugesichert, wenn diese im Gegenzug ein Geständnis ablegten. Dies hatte unter anderem zur Folge, dass sie sich vor Gericht nicht mehr auf ihr Schweigerecht berufen können – da ihnen ja keine Strafe mehr droht – und sie so zur Aussage gezwungen werden können.
Nun könnte man wohl mit einigem Recht argumentieren, der Arzt habe sich offenbar nicht an Recht und Gesetz gehalten und nun die entsprechenden Konsequenzen für sein mutmaßliches Fehlverhalten tragen muss. Dr. Habig beruft sich jedoch darauf, aus Nothilfe gehandelt zu haben. Für ihn habe es lediglich die Wahl gegeben, seine Patienten wider besseren (Ge)Wissens zu „impfen“ – oder ihnen eine Impfbescheinigung auszustellen, um sie so aus einer empfundenen oder tatsächlichen Notlage zu befreien.
Moser sieht das ähnlich und erklärt das so: „Eine Nothilfesituation bedeutet, dass ein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff auf den zu Schützenden im Raum steht und dass er (Dr. Habig) als Dritter nun hergeht und diesen Patienten hilft. Rechtswidrig deshalb, weil diese Impfung erstens nicht den Erfolg versprechen konnte, den sie versprechen sollte – das ist mittlerweile auch wissenschaftlich erwiesen. Die Impfung schützt ja nicht nur den Patienten nicht vor einem schweren Verlauf und nicht andere vor einer Ansteckung, sondern im Gegenteil: Es ist ja festgestellt worden, dass die Antigene, die nach Injektion dieser Impfung vom eigenen Körper produziert werden, sogar die Erkrankung an Covid-19 im Falle einer Infektion verstärken können.“
Betrachtet man dann noch die Nebenwirkungen, so kommt Moser zu dem Schluss, es gibt eine Menge guter Gründe, im vorliegenden Fall von einer Nothilfesituation auszugehen. Die staatliche Impfkampagne sei mit „Zwangsmaßnahmen“ und einer „Hetzkampagne“ durchgesetzt worden und verstärke diese Annahme noch. Das Ausstellen „dieser Impfbeschei-nigungen“ bezeichnet Moser deshalb als die einzige Maßnahme, die geeignet gewesen sei, die Patienten nicht nur nicht zu impfen, sondern sie auch aus ihrer Zwangslage zu befreien. Der Jurist ist deshalb überzeugt: „Es sitzen die Falschen im Gefängnis.“
Für Staatsanwälte und weitere Behörden ist es freilich einfacher, hier ein Exempel zu statuieren, anstatt gegen tausende Impfärzte vorzugehen und dort zu prüfen, ob überhaupt – und wenn ja – in welchem Umfang diese ihre Patienten ordnungsgemäß über Risiken und Nebenwirkungen aufgeklärt haben.
Zu Beginn des Verfahrens wurden Dr. Habig und dessen Frau noch von Pflichtverteidigern vertreten. Diese überredeten ihre Mandanten zu einem Geständnis und handelten mit der Staatsanwaltschaft einen astreinen Kuhhandel aus: Geständnis gegen „Strafmilderung“. Der Arzt sollte schließlich zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt werden.
Auch dieser Deal lässt Anwalt Moser die Haare zu Berge stehen. Der eigentliche Strafrahmen für die vorgeworfene Tat liege bei maximal zwei Jahren. Die Staatsanwaltschaft sieht jedoch die Gewerbsmäßigkeit als gegeben an, weshalb bis zu fünf Jahre Gefängnis möglich sind und in diesem Fall auch eine Bewährung ausgeschlossen wäre. Gewerbsmäßigkeit deshalb, weil in der Praxis eine Art „Kaffeekasse“ aufgestellt worden war, in die die Patienten für die Ausstellung der Impfbescheinigung auf freiwilliger Basis einen Obolus entrichten konnten. Als Inhalt wurden 12.000 Euro sichergestellt, was bei einer Anzahl von 6.000 Patienten einer milden Gabe von zwei Euro pro Fall entspricht.
Moser rechnet vor: Hätte sich Dr. Habig als Arzt im Impfzentrum zur Verfügung gestellt, so wären weit höhere Einnahmen bis zu 30.000 Euro möglich gewesen, pro Monat versteht sich. Selbst bei den Akkord-Impfungen, die es in zahlreichen Praxen wohl gegeben haben dürfte, hätte der Angeklagte ein besseres Geschäft machen können, wenn es ihm tatsächlich um die reine Gewinnerzielung gegangen wäre.
Seit Januar 2023 wird das Ehepaar Habig von Wahlverteidigern vertreten. Diese sorgten dafür, dass das Geständnis widerrufen wurde, so dass der Schuss für das Gericht jetzt – so die Einschätzung von Anwalt Moser – „nach hinten losgeht“. Beim Gericht seien durch die neuen Rechtsbeistände bereits Anträge auf die Vernehmung von Sachverständigen gestellt worden, die sich zur „Impfung“ äußern werden. All das hätte man sich durch den nun hinfällig gewordenen Deal gerne erspart und stattdessen lieber einen „Schau-Prozess“ geführt, so der Beobachter.
Dem Gericht werde „offensichtlich unwohl“, glaubt Moser erkannt zu haben. Nach ihrem „äußeren Verhalten“ scheine sich etwa die Vorsitzende der Kammer in ihrer Haut nicht wohlzufühlen, nachdem das Verfahren nun diese Wendung genommen habe.
Ebenfalls ungewöhnlich: Trotz des Wechsels der Verteidigung und der unmissverständlichen Erklärung des angeklagten Ehepaars, das Vertrauensverhältnis zu den ehemaligen Pflichtverteidigern sei nicht mehr gegeben, besteht das Gericht darauf, diese weiterhin am Verfahren beteiligt und mitunter sogar Erklärungen abgeben zu lassen. Auch deshalb wurden bereits rund ein Dutzend Befangenheitsanträge gegen Mitglieder des Gerichts gestellt, die jedoch allesamt abgewiesen wurden.
Es bleibt in jedem Fall spannend. Vor allem jedoch bleibt zu hoffen, das Ehepaar Habig möge trotz der bisher mehr als ungewöhnlichen Vorgeschichte ein faires Verfahren bekommen.
Hier geht es zum kompletten Interview mit Rechtsanwalt Christian Moser.