Morgenlandreise 83

Immer noch sitz ich in Bobby´s Cay Shop. Wenn ich mich vom Meer abwende, ihm den Rücken zukehre, liegt linkerhand Krishnas Poonum Guest House, für mich unsichtbar hinter Büschen und Sträuchern, rechterhand leuchten gelbe Wände eines Bauernhofs herüber. Ich liebe diese Stunde der Abenddämmerung, wo der Tag in die Nacht übergeht, die Farben leuchtender werden, fast überirdisch, die hellen Tönungen in ihren vielfältigen Nuancen auf dem Hintergrund der dunkleren nach vorne treten, sich loslösen vom gleichmachenden Einerlei des Tageslichts.

Öfters bin ich in der Nähe des Gehöfts stehen geblieben. Kleine pechschwarze Schweine flitzen um die Palmstämme herum, einige Hühner scharren den Waldboden auf. Falls ihnen die Schweinchen Zeit dazu lassen, denn nichts finden sie vergnüglicher, als das Federvieh um die Baumstämme herum zu jagen. Zwei Ziegen dösen in einem Käfig aus Bambusstäben vor sich hin. Ihr Fell hat die Farbe von altgewordener Schokolade, Schokolade, über deren satter dunkler Farbe ein Hauch von Mehltau liegt. Zum wertvollen Besitz des Hofs gehören sieben knochige Kühe mit edlen langgestreckten Köpfen und hängenden Ohren. Die riesigen Gehörne tragen sie wie die Rinder auf sumerischen Reliefs. Das Ausdruckvollste sind ihre großen Augen mit langen Wimpern darüber. Auf den Ohren wachsen Flaumhärchen, die in einer feinen Pinselspitze enden. Wenn sie abends von ihrer Weide heimtrotten, bewegen sich zwischen den Bäumen strahlend weiße Flecken.

Die Schweine stehen im Ruf, menschliche Scheiße zu fressen, ja, man sagt, ihre Lieblingsstelle sei unter dem Plumpsklo, das auf vier Pfählen errichtet versteckt hinter Büschen steht. Allerdings, wenn ich diesen munteren Schweinchen zuschaue, wie sie die Ziegen ärgern und die Hühner aufscheuchen, jederzeit zu einem Schabernack bereit, dann mildert sich meine Abscheu.

Die Kühe sind mir näher, ich liebe sie geradezu, ihre feuchten Schnauzen sind so appetitlich frisch, ich könnte sie küssen. Die Goanesen sind seit ihrer Zeit unter der Herrschaft der Portugiesen Christen. Im Gegensatz zum hinduistischen oder muslimischen Indien essen sie Fleisch, und eben auch Schweinefleisch. Was mich angeht, so wird aus mir ein halber Hindu, ich esse fast nur mehr Fisch. Lobster, für ein paar Rupien, einen ganzen riesigen Krebs, von Krishnas Hand zubereitet, das ist ein Festschmaus.

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