Morgenlandreise 34

Hab einen Ausflug nach Persepolis unternommen. Tausende Jahre nach Alexanders Zerstörung war ich überwältigt von der Schönheit und Unsterblichkeit dieses Orts. Über das riesige Gelände schlenderten nur wenige Besucher. Ich gab mich ganz der sinnlichen Wahrnehmung hin, ohne kunsthistorische Überlegungen, ohne Führer, ohne zusätzliche kunsthistorische Information. Stundenlang erwanderte ich mir dieses riesige Gelände mit der staunenden Einsicht, daß ein wahnsinniger Gernegroß bei aller Zerstörungswut nichts gegen die wahre Größe dieses Orts ausrichten konnte.


Säulenreste eines der von Alexander eingeäscherten Paläste

Tamerlan geht in mir um. Einfall zu der Perlengeschichte: Er bat ja seine Geliebte, ich werde sie Laura nennen, die Perle in sich zu behalten während ihres Liebesspiels. Sie lag in der Tiefe ihres Schoßes, sie fühlten sie in der Bewegung ihrer Körper, die Zärtlichkeit ihrer gemeinsamen Liebe floß in die Perle.

Der Druck ihrer Schenkel, seiner Lenden, die tausendfältigen Bewegungen ihres Beckens, seines Rückens, alles das nahm die Perle in sich auf. Er bat sie, so lange sie in sich zu behalten, bis sie von selbst herausquoll in ihrem Liebessaft. Dann fanden sie die Perle morgens in ihrem Lager, eine Frucht der Liebe. Diese Perlen waren das königliche Wunder der Kette, jede barg in sich das Geheimnis von Sonne und Mond.


Wandkacheln an der Fassade eines Palasts in Schiras

Nachtrag zum Auszupfen der Schamhaare. Im Mittelalter zupften sich viele Frauen nicht nur die Haare der Scham, auch die der Brauen und Augen und Achseln entfernten sie. In USA, las ich, ist eine neue Variante dieses Spiels aufgekommen. Die Ladies der Oberschicht organisieren ihre Gärtchen nach Symbolen und Zeichen. Das Herz ist beliebt, das Oval, das Ypsilon, die Raute.

In Italien, erzählte mir jemand in Florenz vor Jahren, verschickt eine schöngewachsne blonde Zwanzigjährige Fotos von ihrer glattrasierten Scham an ihre Fans. Die sind die Zuhörer einer Sendung, die ein privater Sender um Mitternacht ausstrahlt. Das Mädchen arbeitet mit einem Mikrofon in Form eines Phallus, das es wie einen Dildo handhabt. Was hörbar wird über Radiowellen bringt einige Tausend Männer und Frauen in Italien aus dem Häuschen. Zwischendurch singt sie internationale Schnulzen. Als ich einen moralischen Einwand vorbrachte, erklärte der Gewährsmann: Wie auch immer, die Zwanzigjährige ist ein Beweis für weibliche Souveränität und Emanzipation.

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