Als mir klar wurde, wie sehr ich in der Klemme steckte, sagte ich mir, so wie du hineingeflutscht bist, mußt du auch wieder hinauskommen. Und richtig klar, wie schlimm es hätte werden können, war mir nicht. Ich hatte nichts Böses im Sinn, davon müßte ich jeden überzeugen können. Wenn ich zum Botschafter komme, hatte ich mir gesagt, nun denn, so soll’s sein, wenn nicht, ist das ein Wink, zu sehn, wie du hier wieder rausflutschst.
Im Zug saß ich eingepfercht zwischen Einheimischen, eine ewig lange Strecke. Alle Stunden kam eine Militärkontrolle durch den Zug, Gewehr geschultert. Beim erstenmal setzte alles in meinem Hirn aus. Sie sind eigens auf dich angesetzt, dachte ich nicht, ich spürte es bis in den kleinen Zeh. Es geschah nichts.
Vor Basra kam ich ins Gespräch mit einem gut gekleideten Herrn. Er genoß es, sich mit einem Ausländer englisch zu unterhalten. Er kannte sogar Deutschland ein wenig. Zum Schluß empfahl er mir ein Hotel in Basra, er schrieb es auf einen Zettel, es hieß Ur. Er sagte, Ur liege nicht allzu weit weg, aber man könne es leider nicht besuchen.
Einmal, als der Zug auf einer ländlichen Station verweilte, beobachtete ich auf einem Strommast zwischen und auf den Drähten ein Storchennest. Dem Impuls, die Storchenfamilie zu fotografieren, gab ich nicht nach, denn in meinem Magen saß die Gewißheit, ich könne nur durchkommen, wenn ich meine Gedanken und Bewegungen auf Sparflamme hielt. In den drei langen Tagen, die ich im Irak weilte, öffnete ich meinen Seesack nur hinter verschlossener Tür. So hielt ich’s auch mit meinen Gedanken und Bewegungen, ich verschloß sie, um mir möglichst keinen Anlaß zur Unsicherheit zu geben. In jede meiner Bewegungen steckte ich meine ganze Konzentration, gleichzeitig ließ ich mich nahezu fatalistisch treiben. Ich verfiel in einen Ausnahmezustand.