Morgenlandreise 12

Da lief ich einigen Deutschen über den Weg. Sie hatten den Auftrag, 4 Sattelschlepper nach Bagdad zu überführen. Mir fiel Harun al Raschid ein und Tausendundeine Nacht. Also Irak heißt das Land von Tausend und einer Nacht. Der Gedanke, ich bräuchte ein Visum für dieses Land, kam mir gar nicht, denn für alle die vielen Länder, die ich bereisen wollte, brauchte ich kein Visum, nur für Afghanistan.

An der Grenze wurde ich eines Besseren belehrt. Meine Fahrer, gewitzte und hartgesottene Burschen, gaben sich gelassen. Sie hatten auch keine Visen, sie mußten nur ihre Pässe abgeben. Sie kannten das schon, in Bagdad würden sie sie wiederbekommen. Bitte schön, hier ist mein Reisepaß, ich war ganz zuversichtlich. Die Fahrer hatten ein offizielles Schreiben für die Überführung ihrer Sattelschlepper, trotzdem entspann sich ein stundenlanges Gefeilsche um den Bakschisch. Aus einigem Abstand sah ich dem Palaver zu. Einer der Grenzer hatte mir kopfschüttelnd und grinsend meinen Paß zurückgegeben. Das Grinsen verstand ich als Aufforderung, ich müsse ihn mit größeren Leckerbissen schmieren, als ich es schon versucht hatte, nämlich einem Kugelschreiber, einem Hemd. Er steckte die Geschenke ein, schob mir meinen Paß aber immer wieder zurück. Schließlich, dachte ich mir, ist der Paß bei mir besser aufgehoben, als bei diesen Ganoven.


In Urfa hatten mir einige Fahrer vorgeführt was Zöllner wollen: Bakschisch.

Dieses Hinundher zwischen den Grenzern und den 5 Fahrern brachte mich in einen merkwürdig halluzinatorischen Zustand. Imgrunde wurde nur gescherzt, geflucht, gestikuliert, viel Tee getrunken. Ansonsten gab es in dieser Nacht niemanden, der die Grenze überqueren wollte. Wir waren also unter uns. Die Fahrer fläzten sich über Bänke und Stühle, manchmal gesellte sich einer der Grenzer dazu, ich hätte meinen können, alles sei nur Scherz, und in Wirklichkeit gebe es weder eine Grenze noch einen Irak, der auf Grenzformalitäten bestünde. Irgendwann schubste mich mein Fahrer an, alles sei in Ordnung, der Bakschisch geregelt, wir könnten fahren. Mit mir? fragte ich. Klar, du sitzt neben mir wie mein Beifahrer.

Draußen war Nacht, 4 Sattelschlepper bewegten sich auf einen geöffneten Schlagbaum zu. Ich saß im ersten Fahrzeug. Der Grenzer schien damit beschäftigt, die Autos zu zählen, nicht die Insassen. Er hatte eine Taschenlampe, mit der er zu unserem Führerhaus hochleuchtete. Es war derjenige, der mir meinen Paß dreimal zurückgeschoben hatte. Nichts anderes erwartete ich, als daß er mir mit einer Handbewegung bedeutete, auszusteigen. Später überlegte ich: Es gab 4 Autos und 5 Fahrer. Nur eins der Fahrzeuge konnte 2 Mann Besatzung haben. Wahrscheinlich war es das letzte der 4 Fahrzeuge, worin als Zweiter der Anführer der Crew saß. Da der Konvoi im Schrittempo fuhr, langsam, langsam, langsam kriechend wie die Gedanken in meinem müden, teegeschwängerten Hirn, hatte der Grenzer das erste Fahrzeug angesichts des letzten nicht mehr im Kopf. So muß es gewesen sein.

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