Mitten im Mainstream Folge 2

Bestürzt, wie viele die ARD für Wahrheitsverkünder halten

Die wichtigsten Kritiken und Themen, die mir im Bewusstsein bleiben, sind die von vielen Teilnehmern geforderte Meinungsvielfalt sowie die Angst vor dem Klimawandel. Besonders bestürzt hat mich, wie viele Menschen die ARD für einen Wahrheitsverkünder halten und sich voll und ganz auf präsentierte Meinungen verlassen WOLLEN, um sich dann ihre vermeintlich eigene Meinung zu bilden. Einige sehen in diesem Vorgeben von Meinungen sogar die Aufgabe der ARD und wollen sich nicht selbst mit den Themen beschäftigen. Insgesamt ist für mich bezeichnend, wie vorsichtig sich alle ausdrücken: Corona kommt nur einmal sehr kurz vor, ansonsten werden viele Phrasen und Schlagwörter ohne genauere Erläuterung von Teilnehmern geäußert, die je nach Empfänger Unterschiedliches bedeuten können. So wird oft von Vielfalt gesprochen und davon, dass nicht alles schwarz oder weiß sei, sondern bunt. Das ist grundsätzlich richtig, kann auch auf alle Themenbereiche angewandt werden, kann aber auch politisch korrekt nur auf Hautfarbe und/oder sexuelle Orientierung verstanden werden. Überraschend fand ich, dass doch immerhin zweimal Kritik am Gendern kam. Das zeigt auch, dass die ARD – beziehungsweise allgemein die Öffentlich-rechtlichen – mit ihren geschriebenen und gesprochenen Gender-Sternchen-Pausen-Unterstrichen nicht die Lebensrealität zu diesem Thema (um mal bei dieser Phrase zu bleiben) abbilden. – Die wichtigsten Ergebnisse nach den jeweiligen Votings der Dialogrunden möchte ich Ihnen nicht vorenthalten:

1. Dialogrunde: „Wie nehmen Sie die ARD wahr?“ Für große Informationskompetenz stimmten etwa 23 %, zu wenig Meinungsvielfalt sehen etwa 21 % der Teilnehmer und zuviel gutes Programm in der Nacht kritisierten rund 15 % .

2. Dialogrunde: „Was wünschen Sie sich für die Zukunft von der ARD?“ Mehr verschiedene Stimmen im Programm, die Stärkung der Programminhalte sowie ein positiver Fokus waren die Hauptwünsche. Aus meiner Sicht betrifft der erste und letzte Punkt indirekt das Framing, das die ARD bis zum Erbrechen betreibt. Als ich in meiner Dialogrunde kritisierte, dass oft bereits in der Überschrift Informationen in ein bestimmtes Licht gerückt werden, waren die in der Gruppe anwesenden ARD-Vertreter doch etwas alarmiert. Leider hatte ich kein Beispiel parat, liefere das hier aber gerne nach: Das Framing, das die ARD bis zum Erbrechen betreibt:

“Corona-Mutationen – Wie gefährlich sind sie?“ vom 18.02.2021 (https://www.youtube.com/watch?v=iy-h h z sT N k Zg) – Der Tagesschau-Beitrag von 3 Minuten 49 Sekunden ist wie folgt eingeteilt:<0:00-0:20: Die Moderatorin blickt nicht mehr durch und ist verunsichert, fragt deshalb eine Wissenschaftsredakteurin
<0:20-0:34: Die Mutationen sind nicht gefährlicher als das “normale“ Corona-Virus <0:34-1:02: Ausmalen von Horrorszenarien im Konjunktiv durch die Wissenschaftsredakteurin <1:02-1:24: Moderatorin erzählt, die Britische Mutante sei laut “Forscher:Innen“ 20-30 Prozent ansteckender, weshalb es Sinn für sie ergäbe, dass die Mutante so gefährlich ist. [Wie bitte? Vor 50 Sekunden war sie nicht gefährlicher!] <1:24-2:08: Sachliche Informationen zum Entstehungsprozess von Mutationen, nämlich dass diese praktisch bei jeder Infektion auftreten können. < 2:08-2:27: Sachliche Informationen, welche Mutationen bekannt sind. <2:27-2:48: Es ist laut Moderatorin ein Problem, dass in Deutschland nicht genug nach Mutationen gesucht werde, aber das ändere sich jetzt. Eine Begründung, warum das ein Problem ist und die Suche wichtig ist, gibt sie nicht. <2:48-3:12: Man muss laut Wissenschaftsredakteurin wissen, wo sich die [nicht gefährlichere, Anm. des Verfassers] Mutante ausbreitet, damit man dort nochmal mehr [Grundrechts-, Anm. des Verfassers] Einschränkungen durchführen kann. <3:12-3:45: Die Impfstoffe wirken “laut Hersteller:Innen“ natürlich genauso, oder können innerhalb kurzer Zeit angepasst werden. < 3:45-3:49: Ausblendung, Von 229 Sekunden zur Frage nach der Gefährlichkeit – Sie merken, dass in der Überschrift bereits eine Einordnung stattfindet? – wird in 14 Sekunden die Frage beantwortet und weitere 63 Sekunden erhält der Zuschauer sachliche Informationen zu Mutationen allgemein. Die restlichen 152 Sekunden werden Horrorszenarien, Unsicherheit und Widersprüchlichkeiten gesendet. Wie in den Hauptwünschen erkennbar, merken die Zuschauer wohl das Framing, ohne es explizit benennen zu können oder zu wollen und wünschen sich, dass sich das ändert.

3. Dialogrunde: “Welche Themen soll die ARD zukünftig anpacken?“ Diese Punkte deckten sich ziemlich mit den vorherigen Kritikpunkten. Es soll das Bildungs- und Wissenschaftsprogramm gestärkt werden, mehr Meinungsvielfalt gebracht werden und Journalismus soll mit positivem Fokus betrieben werden. Alles in allem bekam die ARD doch einiges aufs Butterbrot geschmiert, was auch die freien Medien so laut am ÖRR kritisieren. Jetzt bleibt abzuwarten, wie sehr sich das in der Ende Mai startenden Online-Beteiligung verfestigt, bei der dann jeder teilnehmen kann. Nach internen ARD-Workshops findet am 13. November 2021 die Abschluss-Konferenz statt, von der ich gerne wieder berichte.

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