Auch drei Jahre danach: Lauterbach weiß nicht, ob Maskenpflicht was brachte: Bankrotterklärung der Regierung.
Von Boris Reitschuster
Die Maske war der Gesslerhut der Corona-Zeit. Wehe, man „grüßte“ nicht, also hatte keine Maske auf, oder wagte gar, nicht an ihre allheilende Wirkung zu glauben! Als ich im Herbst 2021 mit einem Schal statt einer Maske in der Bundespressekonferenz war – was nach der damals gültigen Berliner Corona-Verordnung zulässig war – wurde ich vom Vorstand getadelt und von Tilo Jung beim Pförtner verpetzt. „Masken-Skeptiker“ mussten damit rechnen als „Corona-Leugner“ diffamiert zu werden, von wo aus es nur noch ein winziger Schritt zum „Nazi“ war. Angepeitscht von Politik und Medien waren auch im Alltag große Teile der Bevölkerung hysterisch. Wiederholt habe ich auf meiner Seite über Übergriffe auf Menschen berichtet, die keine Maske anhatten – Befreiungsattest (was für ein dummes Wort) hin oder her.
Und jetzt das! „Nach drei Jahren Corona: Lauterbach weiß nicht, ob Maskenpflicht was gebracht hat“, titelt heute die „Bild“-Zeitung. Das Blatt, das lange stramm in Kadavergehorsam auf Regierungs-Linie war in Sachen Corona und Impfen. Und dessen Verlagseigentümerin sich persönlich dafür verwendete, dass die Redaktion brav ihrer Freundin Angela Merkel folgte.
Ganz anders jetzt. Wo sich der Wind dreht. In dem „Bild“-Artikel heißt es: „Die Bundesregierung nannte die Maskenpflicht stets das „mildeste Mittel“ der Corona-Pandemie. Die große Frage ist aber: War das Mittel auch wirksam? Die überraschende Antwort der Regierung: Sie weiß es bis heute nicht!“
Wie so oft steht hinter dem Beitrag ein Deal – in diesem Fall zwischen dem überaus flexiblen Bundestagsvize-Präsident und FDP-Vize-Chef Wolfgang Kubicki, der das Kunststück vollführt hat, sich öffentlich als Gegner der Corona-Politik und einer Impfpflicht zu verkaufen, im Parlament selbst aber für diese Impfpflicht zu stimmen. Darauf muss man erst einmal kommen.
In einer Anfrage an die Bundesregierung wollte Kubicki wissen, welche Studienergebnisse über den Nutzen von Masken vorliegen. Was ich auch früher in der Bundespressekonferenz fragte – wobei ich einfach immer nur den Hinweis auf Studien bekam, ohne dass diese bezeichnet wurden. Jetzt ist das Gesundheitsministerium ehrlicher und teilte Kubicki mit: „Insgesamt lässt sich die Effektivität von einzelnen Maßnahmen (z. B. Maskengebote) nicht isoliert überprüfen, sondern nur im Zusammenwirken mit den zum Zeitpunkt der jeweiligen Untersuchung getroffenen anderen Maßnahmen.“
Das ist selbst für die „Bild“ zu viel. „Wie bitte?“, schreibt das Blatt: „Nach drei Jahren Pandemie und monatelangen Maskenpflichten in Schulen, Bussen, Bahnen, Theatern, Supermärkten und an fast allen Orten, an denen Menschen zusammenkommen, kann die Bundesregierung immer noch nicht sagen, was das überhaupt gebracht hat?“
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wo wart ihr mit eurer Kritik, als diese noch nicht wohlfeil war? Da wart ihr auf der anderen Seite und Mitarbeiter von euch haben gegen kritische Kollegen gehetzt.
Dafür wird jetzt Bundestags-Vize Kubicki zitiert: „Die Antwort des Bundesgesundheitsministeriums legt in erschreckender Offenheit dar, das Robert-Koch-Institut hat seinen gesetzlichen Auftrag nicht erledigt.“ Das RKI sei verpflichtet, jede einzelne Maßnahme nach Evidenz und Wirksamkeit (Verhältnismäßigkeit) zu überprüfen.
Die Behauptung, es sei nicht möglich, die Wirksamkeit der Maskengebote unabhängig von anderen Maßnahmen zu überprüfen, sei „falsch und der Versuch, einer verfassungsrechtlich zwingenden Verhältnismäßigkeits-prüfung auszuweichen“, so Kubicki laut „Bild“ weiter: „Nach der vom BMG vorgetragenen Logik gibt es bei den Corona-Maßnahmen nur ‚alle an‘ und ‚alle aus‘.
Dabei gab es zur Maskenpflicht durchaus Hinweise, die Zweifel wecken, wie die „Bild“ nun plötzlich mit einem Jahr Nachlauf entdeckt: „Im April 2022 entfiel die Maskenpflicht dank der Ampel-Regierung an zahlreichen Orten wie Schulen, Geschäften, Supermärkten, am Arbeitsplatz und in Freizeiteinrichtungen. Die Länder konnten sie aber verlängern (‘Hotspot-Regelung‘). Nur Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern machten davon Gebrauch. Ohne signifikanten Einfluss auf Krankheitslast und Infektionsgeschehen.“
Das Ministerium habe in seiner Antwort – ebenso wie früher bei den Auskünften in der Bundespressekonferenz – zwar darauf verwiesen, „dass die Wirksamkeit des Maskentragens schon 2020 belegt worden sei – jedoch nur in Verbindung mit tief greifenden Einschränkungen wie Schließungen von Schulen und Arbeitsplätzen.“ Witzig – diese Einschränkung wurde bei den Antworten in der Bundespressekonferenz nie gemacht. Wurden die Zuschauer also ganz offen belogen?
Laut dem Ministerium werden „zeitnah“ – was immer das auch heißen soll – die Ergebnisse der „StopptCOVID“-Studie erwartet. Doch konkrete Erkenntnisse über die Maskenpflicht seien davon wohl nicht zu erwarten, so die „Bild“. Macht man sich lustig über die Bürger?
Kubickis Fazit laut dem Blatt: „Nach über drei Jahren und nach hunderten, mit Steuermitteln bezahlten Studien müssen wir leider den Schluss ziehen: Die Bilanz der Arbeit des RKI ist desaströs!“ Die Regierung sei nicht in der Lage, einen positiven Beitrag zur Corona-Aufarbeitung zu leisten. Ich finde, da beschönigt Kubicki – der ja als FDP-Vize-Chef quasi Teil der Regierung ist und sich damit selbst kritisieren will. Die Regierung ist nicht „nicht in der Lage“ zur Aufklärung, sie ist „nicht willens“, weil das Ergebnis verheerend sein könnte. Und die Medien machen auch nicht den nötigen Druck.
Kubicki fordert nun, diese Aufklärung müsse durch das Parlament geschehen. Macht er sich lustig? Gerade erst hat das Parlament mit den Stimmen seiner FDP einen Untersuchungsausschuss zu dem Thema abgelehnt. Auch Kubickis Aussage, der Auftrag des Koalitionsvertrages, das RKI unabhängiger vom BMG zu machen, müsse von Karl Lauterbach endlich umgesetzt werden, klingt wie ein schlechter Witz: Warum bitte drängt die Partei, deren Vize-Chef er ist, dann nicht darauf?
Man kann sich hier nicht des Eindrucks erwehren, es wird ein opportunistisches Schmierentheater gespielt