Luftbrustschwimmen


Zeichnung Träumender Nashornvogel: Rolf Hannes

Ich fliege. Ich fliege über mein Leben.
Ich fliege als würde ich schwimmen.
Luftbrustschwimmen.
Und beweg rhythmisch-lustvoll Arme und Beine.

Ich sehe alles unter mir.
Mein Leben von Anfang an, alle Stationen.
Es ist alles geschehen, was ich jetzt sehen kann.
Sehe ich es so, wie es geschehen ist?

Ich kann tiefer fliegen.
Ich kann höher fliegen.
Ich kann wenden und zurückfliegen.
Ich kann ganz hoch fliegen: totaler Überblick!
Ich kann ganz tief fliegen: alle Einzelheiten.

Luftbrustschwimmen. Erhebend, verharrend, vertiefend.
Ich fliege – es fliegt mich. Durch alle Höhen. Durch alle Tiefen.
Nichts und niemand hält mich auf. Frei und leicht wie ein Vogel.
Übermütig kreise ich um mich, mache Saltos, vorwärts, rückwärts.

Mit Lust tauche ich ab, Lustbrusttauchen.
Unter die Oberfläche meiner Erinnerungen, ins Dunkle.
In die Tiefe des Geschehenen, das oft so anders aussieht als damals.
Schönes wirkt hässlich, Begeisterndes bedrohlich.

Plötzlich macht es mir Angst, hier in der Tiefe. Fröstelt mich.
Fühle mich wie zehn Meter unter Wasser, fühle den Druck.
Den Druck der Luft über mir, den Druck der Luft zum Leben.
Ich will ans Licht, will auftauchen, nein: ich muss!

Aber da hält mich etwas mit Klauen fest, zieht mich herunter.
Ist es der alte Strudel der Angst? Der Träume zur Qual machte?
Ich spüre wie er mich packt, der Strudel.
Oder ist es die Erinnerung in allen Fasern des Leibs?
Schreien will ich, aber bekomme kein Wort heraus, nicht einen Laut.

Ertrinke ich jetzt in der Luft zum Leben?
Panisch bewegen sich Arme und Beine, neue Kräfte erwachen in mir.
Luftbrustschwimmend weiter nach oben, nach oben, nach oben!

Der Strudel stirbt ab, mich wärmt schon das Licht.
Da hör ich die Stimme, die zu mir spricht:
Das Licht ist dicht, verzichte nicht!
Es trägt ganz sicher Dein Gewicht!
Auch wenn Dein Bild von Dir zerbricht:
Schau hin, schau klar, schau Dein Gesicht!

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