In einem besonderen Kapitel nimmt Stephan den „Krieg der Geschlechter“ auseinander. Das ist eine Debatte, die nicht nur das Klima, sondern auch das Leben vergiftet. Dabei ist inzwischen eins ganz klar: Seit Frauen machen können, was sie wollen, zeigen sie keineswegs überwiegende Neigung, sich alle Männerdomänen zu erobern. Sie arbeiten auch häufiger Teilzeit, weil sie sich lieber mehr um ihre Kinder kümmern, als ihre Arbeitskraft zu Markte tragen zu wollen. Den Feministinnen geht es keineswegs um das Schicksal der Frauen an sich, sondern um Karrieremöglichkeiten für Akademikerinnen. Welch seltsame Blüten die moderne Frauenbewegung hervorbringt, spießt Stephan auch auf: Als eine Aktivistin auf die vielfach aufgegriffene Idee kam, nicht mehr von Frauen, sondern von „menstruierenden Menschen“ zu sprechen, um keine Transfrau zu kränken, hat sie damit einen neuen Diskriminierungstatbestand geschaffen, indem sie alle Menschen ausgrenzte, die nicht mehr menstruieren.
Kann man darüber noch lachen, vergeht es, wenn man zur Kenntnis nehmen muss, wie leichtfertig junge Menschen dazu manipuliert werden, sich ein anderes Geschlecht zu wünschen, diesen Wunsch allzu leicht erfüllt bekommen und das hinterher bitter bereuen. Stephan spricht von „brutaler Selbstverletzung“, die so begünstigt wird.
Interessant ist auch der Blick hinter die Kulissen von „Ehe für alle“. Die ist neu. Früher gab es jede Menge Hinderungsgründe, die eine Ehe unmöglich machten, bis hin zum Eheverbot. Totalitäre Diktaturen waren immer bemüht, die Ehe zu zerstören, damit es keinen Bereich gibt, in dem der Staat keinen Zutritt hat. Besonders Linke schmähten die Ehe als rückständig und abschaffenswert. Da ist die gegenwärtige Renaissance der Ehe schon erstaunlich. Plötzlich wollen alle heiraten, auch die ehemalige sexuelle Avantgarde der Homosexuellen.
Es spricht sich herum: die Familie ist ein Rückzugsort gegen die Zumutungen des Staates. Wer keine Familie hat, ist Vater Staat hilflos ausgeliefert.
Während die Weltveränderer ununterbrochen an der Schaffung eines „neuen Menschen“ arbeiten, hat sich das alte „Normal“ als sehr widerstandsfähig erwiesen. Es hat bereits die Hitler, Stalin, Mao und Pol Pot überlebt. Es wird auch den „Great Reset“ überleben, den die globalen Eliten jetzt auf die Tagesordnung gesetzt haben. Die Corona-Krise hat bereits unerwartete Folgen für die Globalisierung gehabt. Statt ihr Schwung zu verleihen, haben sich die Nationalstaaten als handlungsfähiger erwiesen. Es gab keine globale, nur viele unterschiedliche nationale Strategien.
Der Trend zur Megacity wurde gebrochen, das Landleben weltweit aufgewertet. Die Krise hat gezeigt, was wirklich wichtig ist: Nicht die großen Theorien und Utopien, sondern die Basis, die dafür sorgt, dass die Menschen bekommen, was sie zum Leben brauchen. Es hat sich als keine gute Idee erwiesen, Medikamente und andere wichtige Güter nicht mehr im Land herzustellen, sondern aus entfernten Weltecken wie China oder Indien importieren zu müssen. Die Corona-Krise wird für eine Umwandlung sorgen, aber anders, als sie die Möchtegern-Vordenker aus Davos sich das vorgestellt haben.
Cora Stephan: Lob des Normalen