Ab und zu hab ich mir überlegt, in welcher Ecke Deutschlands für mich die sympathischsten Menschen wohnen. Sind es die Bayern? Als ich 1957 von Köln nach München kam, mußte ich einiges über mich ergehen lassen. Noch 1960, da war ich schon mit einer Bayerin verheiratet, beschimpfte mich im Türkenkeller (das war einer der zünftigen Jatzlokale der Stadt, wir sagten Jatz nicht Dschäss) in einer ehemaligen Kaserne, die längst abgerissen wurde, laut und bösartig in meine Richtung: Du Saupreiß. Es entstand eine handfeste Rauferei, bei der meine Frau kräftig mitmischte.
Sie war damals sehr verbreitet, diese kleinhirnige Vorurteilshuberei, und sie wird, solange es Dummheit gibt, nie aussterben. Noch heutigentags können sich Stammtischler in Freiburg daran erhitzen, die Badener gegen die Württemberger auszuspielen. Reihum haben die Sachsen, die Berliner, die Bayern, die Rheinländer alle ihre Abneigungen und Vorlieben zueinander. Es ist ja nicht selten, daß ein Dorf schon das Nachbardorf nicht ausstehen kann. Für eingeborene Basler, das konnte ich jahrelang beobachten, ist jemand aus Zürich ein Ausländer, erst recht einer aus Graubünden.
© Rolf Hannes
Die Bayern hab ich über die Jahre lieben gelernt mit all ihren Macken und Vorzügen, die Sachsen und Thüringer schätzen gelernt, dank meiner Besuche in Leipzig, Dresden, Weimar. Die Berliner und Brandenburger hielt ich schon immer für den ausgereiftesten Menschenlag Deutschlands. Der Witz, die Schlagfertigkeit der Berliner, und wenn ichs mir erlauben darf zu sagen, das edle Preußische, die Geradlinigkeit und Tiefe, erfuhr ich schon früh durchs Lesen. Wer Fontanes Wanderungen durch die Mark Brandenburg gelesen hat, weiß was ich meine. Die Rheinländer sollte ich nicht vergessen. Ich halte sie für ein vorurteilsfreies Völkchen. Ihnen ist fast alles recht, sie sind gewissermaßen charakterlos, würden echte Balten sagen.
Fortsetzung folgt.