Karl Lauterbach will Gesundheitsminister werden

Beitrag von Boris Reitschuster

Wenn man denkt, schlimmer könne es nicht mehr kommen, erreichen einen regelmäßig neue Überraschungen in diesen irren Tagen. So auch heute: Ausgerechnet Karl Lauterbach hat nun seine Ambitionen auf das Amt des Gesundheitsministers angemeldet. Im Interview mit dem Spiegel sagte der Sozialdemokrat, er fände den Posten „sehr reizvoll“ und sei „recht zuversichtlich“, dass er sich damit „nicht überfordern würde“.

Lauterbach hofft nach eigenen Worten darauf, dass die SPD bei den Wahlen im September so gut abschneide, dass sie das Gesundheitsministerium übernehmen könne. Kritiker mögen hier einwenden, dass seine Prognosen in Sachen Wahlergebnisse wohl genauso falsch liegen wie viele seiner anderen Vorhersagen, gerade auch Corona betreffend. Vielleicht hat die Prognose ja auch eine gewisse Wirkung auf die Wähler – durchaus möglich, dass mancher SPD-Sympathisant angesichts solcher Perspektiven es sich noch einmal anders überlegt. Oder dass eingefleischte Nichtwähler sich aufraffen zur Wahlurne, um Lauterbach als Spahn-Nachfolger zu verhindern.

Den großen Worten zum Trotz stehen die politischen Karrierechancen für den Dauergast des gebührenfinanzierten Fernsehens schlecht. Im heimischen Nordrhein-Westfalen kam Lauterbach nur auf Platz 23 der Landesliste für die Bundestagswahl. Das bedeutet: In den Bundestag kommt er aller Wahrscheinlichkeit nach nur, wenn er in seinem Wahlkreis in Leverkusen und Köln siegt. Was alles andere als eine sichere Sache ist. Das gab auch Lauterbach im Spiegel-Gespräch zu, wenn auch nur etwas verschämt: Er hätte „einen besseren Listenplatz nicht abgelehnt“, sagte er da.

‘Rücktritt als Experte‘

Und weiter: „Ich bilde mir ein, dass ich bei den Mitgliedern der SPD sehr beliebt bin. Dass es ein paar Funktionäre gibt, die bei der Aufstellung der Listen zuerst sich selbst berücksichtigen, war leider schon immer so.“ Auch hier drängt sich wieder der Verdacht auf, dass Wahrnehmung und Realität bei dem Sozialdemokraten deutlich auseinandergehen. Es ist fast schon tragikomisch wie Lauterbach öffentlich vom Ministersessel träumt, während „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt bereits ironisch seinen Rücktritt als Experte fordert.

Zumindest Wendigkeit hat der gelernte Arzt bewiesen. Als er 2019 ins Rennen um den SPD-Vorsitz ging, wollte er eine Beendigung der Großen Koalition. Zwischenzeitlich kam die 180-Grad-Wende: Die GroKo sei „ein Segen“, findet er, denn sie habe „die Pandemie wirklich gut bewältigt“, und „mit jeder anderen Regierung hätte es viel mehr Tote gegeben.“

In dem Interview klagte der SPD-Politiker auch über massive Anfeindungen sowie „Hassbriefe und Drohmails“. Es sei „eine kleine Gruppe in der Bevölkerung, die sich im Netz radikalisiert hat und sehr aggressiv auf mich reagiert. Die auf mich zukommen, sich vor mir aufbauen, mich beschimpfen und beleidigen und mich ohne Schutz sicher auch zumindest körperlich bedrohen würden.“ Unbekannte hätten Gegenstände und Farbbeutel auf sein Haus geschmissen, er brauche jetzt Personenschutz.

Das ist zu bedauern und jede Aggression zu verurteilen.

Allerdings schüttet Lauterbach selbst massiv Öl ins Feuer. So sprach er mir etwa kürzlich auf Twitter ab, Journalist zu sein. Sich dann aber andererseits zu beklagen über eine „Radikalisierung“ im Netz, spricht nicht gerade für eine überwältigende Fähigkeit zur Reflexion. Auch wenn ich aufgrund der Angriffe von Lauterbach sicher voreingenommen bin – ich finde, die Vorstellung, er könne Gesundheitsminister werden, beängstigend.

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