Joseph Conrad
Hatte mir 6 Bücher von Joseph Conrad vorgenommen. Bei dreien kam ich über die ersten Seiten nicht hinaus, da hab ich sie zugeklappt. Drei hab ich gelesen, wenn auch mit Mühe: Jugend, Freya von den sieben Inseln und Die Schattenlinie.
Das Generalthema Conrads ist die Hohe See.
Mit zunehmendem Lesen nahm mein Interesse ab, muß ich gestehn. Es ist alles so überedelt. Nicht die Handelnden, darunter gibt es Schufte und Bösewichter, es ist vielmehr Conrads Stil, der alles so veredelt, ein wenig wie in Aufsätzen von Jünglingen eines Elite-Gymnasiums.
Manchmal kommt er kaum vom Fleck, so geschwätzig muß er jede Kleinigkeit beschreiben, mit gesucht edlen Vergleichen und Adjektiven. Manchmal scheint er sich dessen bewußt und überdrüssig geworden zu sein, dann bricht er ab und macht einen kühnen Schnitt. Vielleicht hat er ja in dieser Erkenntnis ganze Passagen weggestrichen vor dem Druck. Oder waren es seine Lektoren? Niemand ahnt, wieviel Literatur im Verborgenen von guten Verlagslektoren stammt. Einer, der Einblick hatte, behauptete, die Hälfte alles Geschriebenen. Den Verlagen ist das verständlicherweise peinlich, und sie hüten ihre Geheimnisse.
Zurück zu Conrad. Leider wurde nicht genug gestrichen. Leider, zu oft schien ihm der Text so schön, so edel formuliert, er konnte sich nicht davon trennen, es ist mehr als edel, es ist Kitsch. Es kann nie etwas nur glühen, es muß zugleich glimmen und zwar düster. Es gibt keine Einsamkeit, wenn sie nicht mindestens tief ist. Nichts ist so präzise, daß er nicht noch eins draufsetzen könnte: »In diesem Augenblick, oder vielleicht einen Augenblick später, merkte ich, daß Ransome in der Kajüte stand«.
Ist es Genauigkeit der Beobachtung, die Conrad anstrebt? Mag sein. Herauskommt aber Zwanghaftigkeit. Ich werde den Verdacht nicht los, dieser Conrad hat sich zeitlebens nichts durchgehen lassen. Seine Bücher sind Tugendbolzereien, mag es noch so düster, finster, teuflisch, schurkisch zugehn. Angestrengt und humorlos. Ein Hamsun ist er nicht, weißgott, eher ein Karl May.