© Ji-Elle 2009
Viele meiner Freunde verlassen mich. Auch meine Luft wird dünner, ich merk es alle Tage. Nun, seit vorletztem Montag fehlt mir John Berger. Er wurde 90 Jahre alt und blieb bis zuletzt einer der aufrichtigsten, aufrechtesten Streiter für die schönen und richtigen Dinge des Lebens. Als Essayist und als Dichter, Filmemacher und Maler.
Als er 1972 den Booker Prize mit den Black Panther teilte, kam es zu einem Skandal, der ihn aus seiner Heimat England vertrieb. Seither lebte er in einem Dorf in Savoyen, unter Bauern, dessen Leben er in hinreißenden Romanen schilderte.
Ich entdeckte ihn vor vielen Jahren in einer seiner kunsttheoretischen Schriften: Das Leben der Bilder oder die Kunst des Sehens. Seither las ich von ihm alles, was ich auftreiben konnte. Und manchmal schrieb ich mir aus seinen Romanen ganze Sätze ab. Wie diesen hier:
Die meisten Kühe hatten sich niedergelegt. Am Anfang drehten sie den Kopf in Richtung, aus der die Musik kam, und die Ohren derer, die ihr am nächsten waren, richteten sich forschend auf, doch schon bald merkten sie, daß die Musik nichts weiter darstellt als sich selbst, die Ohren entspannten sich, und sie legten den Kopf wieder auf die eigene Flanke oder die Schulter einer Nachbarskuh.
Berger blieb einer meiner Lieblingsschriftsteller. Es gelangen ihm Sätze, die mich entzücken wie schubertsche Musik.