Bevor ich auf J. J. Sprengs Wörterbuch zu sprechen komme, muß ich etwas zum Deutschen Wörterbuch der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm sagen. Seit Jahren besitze und bewundre ich dieses Riesenwerk. Ich hatte es mir im stillen schon lange gewünscht, dachte aber nicht im Traum daran, es je zu besitzen. Bis meine Lebensgefährtin es mir schenkte, das heißt, nach und nach zu meinen Geburtstagen und anderen Festen anschleppte, immer jeweils 2 Bände. Das Werk hat ja nicht nur einen riesigen Umfang, in 33 Bänden stecken etwa 320 000 Stichwörter, es wiegt fast 2 Zentner.
An den Grimms bewunderte ich zudem ihr Eintreten für die allgemeine Kleinschreibung. Als Schüler kabbelte ich mich mit meinen Deutschlehrern, weil ich meine Aufsätze klein schreiben wollte. Und was einige Großschreibungen im Duden angeht, so hab ich sie des öfteren in der futura99phoenix verspottet. Nicht sprachbewußte Germanisten pflegen unsere Sprache, sondern ignorante dummdreiste Politiker setzen Regeln fest, die unsre Sprache verhunzen.
1854 erschien der 1. Band von Grimms Wörterbuch. Aber schon 100 Jahre vorher begann Johann Jakob Spreng das Mammutwerk seines Deutschen Glossariums, also seines Deutschen Wörterbuchs, nämlich um 1750. Er arbeitete daran bis zu seinem Tod in Basel 1768. Er muß Tag und Nacht wie ein Besessener daran geschrieben haben, darin den Brüdern Grimm nicht unähnlich. Aber im Gegensatz zu ihnen, die mit vielen Widrigkeiten zu kämpfen hatten, stand über seinem Schaffen ein schwarzer Stern, ein Unglücksstern. Als Gelehrter, Professor, als Dichter hatte er zeitlebens eine starre Front der Ablehnung vor sich. Er ging niemals und bei niemandem auf faule Kompromisse ein. Hinzu kam seine Spottlust, die die Mächtigen in Politik und Gesellschaft gegen ihn aufbrachte. Das ist nicht nur heutigentags so, das war auch in früheren Zeiten tödlich. Tödlich im Sinne von übergangen, von kaltgestellt werden.
Einer der 20 Bände des Skripts von J. J. Sprengs Wörterbuch. Foto: RAZ/Moritz
So ist es nicht verwunderlich, wenn dieses großartige Werk im Keller der basler Universitätsbibliothek seit 250 Jahren vor sich hin moderte. Es umfaßt von A – Z nahezu 100 000 Einträge, mit Übersetzungen, Erläuterungen und Quellennachweisen, nebst 35 000 sorgfältig angelegten Zetteln, alles fertig zum Druck. Dazu kam es aber nie Dank der Ignoranz und Dummheit so vieler Menschen, die das Sagen haben.