Von Roger Köppel
Die wichtigste Aufgabe des Journalismus ist, die Mächtigen zu hinterfragen, populäre Irrtümer zu widerlegen, zu herrschenden Meinungen interessante Alternativen aufzuzeigen. Es gibt immer eine andere Sicht. Nehmen die deutschsprachigen Leit- und Mainstream-Medien diese Aufgabe wahr? Sehr beschränkt, bei gewissen Themen überhaupt nicht.
Schauen wir auf die beiden größten deutschen Reizthemen der Gegenwart: AfD und Krieg in der Ukraine. Stellt man ab auf FAZ, Süddeutsche, Die Welt, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk oder auch die aus der Schweiz hereindrängende NZZ, die sich gern als «der andere Blick» verkauft, schlägt uns bleierne Einfalt, Gleichförmigkeit, eine fürchterlich homogene Meinungskolonne entgegen.
Die AfD gilt ausnahmslos als «rechtsextrem», und diverse Organe vertreten schon offensiv die These, die gemäß Umfragen stark zulegende rechte Oppositionspartei müsse verboten werden Längst hat die Regierung gegen die AfD eine Spitzelpolizei entfesselt, Verfassungsschutz genannt, und Millionen potenzieller AfD-Wähler sehen sich plötzlich als Verfassungsfeinde unter Kriminal-Verdacht.
Regierungen, die Opposition legal verfolgen und ächten, kennen wir eigentlich nur aus Diktaturen. Auch Deutschland hat einschlägige Erfahrung. Doch die Regierenden, die sich mit dem Guten im Bund fühlen, sehen auch kein Problem, wenn zum Beispiel in Berlin Denunziationsportale dazu aufrufen, Leute, die sich «diskriminierend» verhalten, den Behören zu verpfeifen. Und die AfD? Die verteidigt niemand.
Keine Diskussion erlaubt ist auch beim Thema Ukraine. Putin ist das Böse, Russland eine imperialistische Macht, und wer die Waffenlieferungen an Selenskyj hinterfragt oder die Wirtschaftssanktionen, hilft mit bei einem Völkermord. Das sind absolute Wahrheiten, religiöse Dogmen, die zu mißachten einen auf den Scheiterhaufen der politisch Korrekten bringen kann.
Das Problem ist Meinungseinfalt, die Dogmatik, der moralische und wahrheitsmßige Unfehlbarkeitsanspruch, den die Medien und die Regierenden vertreten. Demokratie braucht immer eine Auswahl. Wo nur noch eines gedacht und gesagt werden darf, ist die Demokratie am Ende.
Die Folgen sind gravierend. Und sie scheinen beabsichtigt. Viele Deutsche trauen sich gar nicht mehr, öffentlich ihre Meinung zu äußern. Die Medien bilden eine Wagenburg um die Etablierten. Anstatt die Regierung zu kritisieren, die Kreise der Mächtigen zu stören, wirken die Journalisten als Beschützer der Herrschenden, denen allerdings zusehends die Felle davonschwimmen.
Doch nicht nur Politiker und Nachrichtenorgane errichten «Brandmauern» gegen die Opposition, die so – man achte auf die Wortwahl – offenbar als «Brandstifter» ausgegrenzt werden soll. Auch in den Unterhaltungsprogrammen will man die Zuschauer zusehends zur richtigen Gesinnung nötigen. Kaum ein «Tatort» handelt heute nicht von irgendeiner finsteren rechten Verschwörung.
Das wird natürlich alles keinen Erfolg haben, obwohl die Nachteile für die, die trotzdem die Kraft haben, Opposition zu betreiben, erheblich sind. Wer den politischen Gegner nur noch verleumden oder verbieten kann, pfeift schon aus dem letzten Loch. Und je schriller und bösartiger die Verleumdungen ausfallen, desto größer ist die Panik bei jenen, die verleumden.
Journalisten, die neuen Hofschranzen der Macht? Es sieht so aus. Sie schaffen damit ein Klima, das schädlich ist für die Demokratie. Demokratie ist vor allem die Staatsform des institutionalisierten Mißtrauens des Bürgers gegen den Staat. Die Demokratie aber ist in Gefahr, wenn ich als Bürger zu wichtigen Fragen keine andere Meinung mehr haben darf als die Regierenden – und ihre Medien.