Geschichte einer Mietnomadin 5. Kapitel

Samstag, 29. November 2008

Kurz vor 11 Uhr warte ich vor der Haustür in der Sonnenburgerstraße auf Kort Meineke, der sich als Zeuge bei der Wohnungsübergabe angeboten hat. Als wir den Flur betreten, sehen wir mehrere voll bepackte Taschen, die Frau Kanis für den Abtransport hier abgestellt hat. Beim Betreten der Wohnung erklärt sie uns, sie habe bereits ein Taxi bestellt. Das könne sie ruhig wieder wegschicken, sage ich.

Die Wohnung ist geräumt. Nur die Wand mit den Malereien ist gestrichen, aber die bunte Farbe schlägt massiv durch, der Teppich ist etwas gesaugt, aber nicht gereinigt. Schränke und Schubladen sind nicht geputzt. Die Schlüssel werden übergeben, Heizung und Strom im Keller abgelesen und im Untermietvertrag notiert. Ich schaue mich nochmals in der Wohnung um und entdecke in einem Regal eine Menge Müll, der geschickt unter Packpapier verborgen ist. Mit Nachdruck fordere ich Frau Kanis auf, diesen Müll zu entsorgen. Während sie sich damit befasst, mache ich einige Fotos von der Wohnung. Immer wieder macht sie mich auf ihr wartendes Taxi aufmerksam.

E. B. - Mietnomadin 5

Foto: Andrea Kusajda

Sie unterschreibt die von mir auf der Rückseite des Untermietvertrags notierten Mängel: Wand und Teppich. Dann will sie gehen. Ich sage: Sie haben zugesichert- auch gestern noch in Anwesenheit der Polizisten -, die ausstehende Miete heute bar zu zahlen. Nein, erwidert sie, Nora hat auf einer Überweisung bestanden. Ich rufe meine Tochter an, so kann sich Tanja Kanis, indem ich ihr den Hörer gebe, selbst davon überzeugen, dass sie wiedermal gelogen hat. Nachdem ihre Behauptung widerlegt ist, will ich eine Sicherheit. Mir ist klar, sie kann eine solche Sicherheit nicht geben, aber ich will verhindern, dass sie nicht mehr auffindbar ist. Ich möchte ihre Heimatadresse erfahren. Ihre Antwort: Ich habe seit vier Jahren keinen Kontakt mehr zu meiner Mutter, sie weiß überhaupt nicht, wo ich mich aufhalte.

Also rufe ich wieder die Polizei. Natürlich können diese Beamten nichts über den ganzen Hergang wissen. Ich skizziere in wenigen Worten den Sachverhalt und wünsche von ihnen Auskunft, wie sie sicherstellen wollen, dass die Beschuldigte nicht wieder untertaucht. Inzwischen behauptet sie, die beiden Polizeibeamten von gestern seien später bei ihr vorbeigekommen und hätten bestätigt, sie wohne in der Essener Straße 7. Ich bestehe darauf, die Polizisten mögen sich bei ihrem Revier kundig machen, weise daraufhin, nach Frau Kanis werde gefahndet. Aber die Polizisten glauben ihr mehr als mir. Es ist zum Verzweifeln. Die lapidare Antwort der Polizisten: „Wir finden jeden.“ Sie können mir aber über ihre Adresse keine Auskunft geben, weil dies unter das Datenschutzgesetz falle. Ich solle mich an das Bürgeramt wenden, sagen dies und verschwinden. Ich frage mich bei all dem, warum diese Frau überhaupt zur Fahndung ausgeschrieben ist, wenn sie angeblich jeden finden, und warum der Polizist auf dem Revier mir erklärte, auch die Polizei habe ein Interesse daran, diese Untergetauchte zu finden. Es wäre doch kein Problem, sie mit aufs Revier zu nehmen und sie so lange festzuhalten, bis ihre Angaben überprüft sind. So wird sie sich wieder aus dem Staub machen. Mit meiner Vermutung sollte ich recht behalten.

Als ich mit Kort Meineke die Wohnung verlasse, steht der Müllsack, in dem der von mir beanstandete Müll verstaut wurde, auf dem Gang. Kort macht mich darauf aufmerksam, ein Stockwerk höher befänden sich noch vier prall gefüllte Müllsäcke gleicher Farbe und Größe. Verständlicherweise, denn ein Stockwerk hinauf ist näher als drei Stockwerke hinunter.

Ich frage mich, was wäre geschehen, hätte ich das Schloss nicht auswechseln lassen? Ich hätte Frau Kanis nicht erreicht, die Polizei wäre nicht erschienen und hätte ihr zumindest nicht so viel Angst gemacht, dass sie tatsächlich am Samstag die Wohnung, wenn auch in einem schlimmen Zustand, übergab. Das Klavier wäre für immer verloren. Und mein Handeln soll ungesetzlich sein?

Ich frage mich auch, warum die Polizei die zur Fahndung Ausgeschriebene nicht gleich in Gewahrsam nahm, wo man mich doch auf dem Revier aufgefordert hatte, sofort die Polizei zu rufen, sollte sie erscheinen.

Die Bemerkung des Polizisten Wir finden jeden empfinde ich schlichtweg als Frechheit. Warum konnte die Polizei denn über eine lange Zeit die Gesuchte nicht aufspüren?

Fortsetzung folgt.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert