Spruch auf der Wandzeitung. Die schlimmsten Sprüche wage ich nicht, hier abzubilden.
Inzwischen habe ich mit meiner Frau telefoniert. Sie ist über die Geschichte des Klaviers, das sie von ihrer Mutter geerbt hat, entsetzt und tief traurig. Dann informiere ich Nora und bitte sie, auf keinen Fall Sonja Kanis anzurufen, denn inzwischen ist in mir ein Plan gereift. Er kann nur gelingen, wenn sie noch vor der Übergabe die Wohnung aufsucht. Ich nehme an, dass sie, wenn sie sich längere Zeit nicht in der Wohnung aufgehalten hat, sicherlich noch einige Sachen abholen will, sollte sie am Samstag nicht zu dem von ihr neu angesetzten Termin erscheinen. Folgende Notiz hefte ich an die Wohnungstür: Wir mussten nach der Heizung schauen, dringend. Haben Sie und keinen anderen mit Schlüssel angetroffen. Hausverwaltung auch ohne Schlüssel. Mußten das Schloß aufbrechen. Bringe die neuen Schlüssel, wohne in der Nähe, kann in 10 Minuten bei Ihnen sein.
Um ganz sicher zu gehen, adressiere ich die Nachricht an die Person, deren Namen auf dem Schild an der Wohnungstür angegeben ist: An Frau? Herrn? Renault. Danach rufe ich Nora an. Ja, sie sei wegen des Heizungsproblems von der Hausverwaltung angerufen worden, wüsste aber nur, dass sich Frau Kanis zurzeit auf einem Lehrgang in Leipzig befinde.
Schließlich fahre ich zum Hauptbahnhof, um eine Platzkarte für die Rückfahrt zu lösen, bin mir unsicher, ob ich noch bis Sonntag bleibe, entscheide mich aber dafür, schon am Samstagmittag zu fahren. Denn den beiden übriggebliebenen Interessenten, denen ich am Freitagnachmittag die Wohnung zeigen wollte, haben wir abgesagt.
Kurz vor 19 Uhr – ich habe bereits die U-Bahn verlassen und bin auf dem Weg ins Hotel – ruft Tanja Kanis an. Sie habe den Zettel gelesen, ich solle sofort kommen, denn sie müsse noch heute wichtige Unterlagen aus ihrer Wohnung holen. Da ist mir klar, dass sie morgen nicht zur Übergabe der Wohnung erscheinen wird. Ich sage, es würde 20, 25 Minuten dauern, da ich im Augenblick nicht zu Hause sei. Sie werde unten auf mich warten, sagt Tanja Kanis. Informiere die Polizei und gehe schnurstracks in die Sonnenburgerstraße, da ich die Polizei nicht verpassen will, sollte sie doch früher eintreffen, als ich vermute. Tanja Kanis steht vor der Haustür. Ich verstecke mich in der Nähe. Nach 15 Minuten treffen 2 Polizeibeamte ein, wir gehen auf Tanja Kanis zu. Sie eröffnen ihr, dass eine Anzeige wegen Unterschlagung gegen sie erstattet wurde. Als sie erfährt, dass ich anstelle von Nora die Wohnungsübergabe abwickeln werde, erklärt sie sofort, das Klavier sei nicht gestohlen, es befinde sich noch im Haus zwei Etagen unter ihrer Wohnung. Sie erweckt den Eindruck, sie habe das Klavier nur ausgeliehen. Die Beamten nehmen unsere Personalien auf und wollen sich über die Situation Klarheit verschaffen.
Fortsetzung folgt.