Ende des 17. Jahrhunderts, als Vauban in Neuf-Brisach ans Werk ging, war Toby, der Onkel des Erzählers Tristram Shandy in dem gleichnamigen Roman von Laurence Sterne (1761), auf dem besten Weg, ein Experte des Fachs zu werden. 1699 studierte er schon im dritten Jahr Pläne und Bücher der vergangenen Jahrhunderte, und allmählich befasste er sich auch mit den Projektilen und der Ballistik, und es ist einfach fantastisch, wie in meiner Ausgabe von 1940 (The Odyssey Press, New York) in einer ausgedehnten Fußnote die erwähnten Bücher von Cataneo, Stevilus, Marolis, de Ville, Lorini, Coehorn und vielen anderen vorgestellt werden. Das ist Philologie!
Erhaltenes Eingangstor in Neuf-Brisach
Die Festung als Emblem der absoluten Gewalt, bleiben wir dabei. Diese absolute Gewalt wurde durch den König verkörpert, dessen Körper mit dem Staatsgebiet übereinstimmte und scheinbar unsichtbar überall vorhanden war. Widerrede galt nicht, das Denken stellte man ein. Man baute, der König wollte es so. Die Aurelianischen Stadtmauern beschützten Rom, die mittelalterlichen Mauern beschützten Ferrara, viele Städte umgaben sich mit Stadtmauern und vier Eingangstoren (Villingen, Freiburg), und das hatte ja Sinn.
Der Festungsgraben, der geflutet werden konnte
Burgen waren befestigte Bauwerke, darin saß der König. Hatte man ihn, hatte man die Macht. Doch in Neuf-Brisach gab es nichts zu beschützen. Das Bauwerk wurde in die Landschaft gestellt, und in der Mitte befand sich das leere Geviert der Place d’Armes, und ganz in der Mitte stand eine Säule. Die Festung wimmelte vor Soldaten, doch der in höchster Rationalität ausgeführte Bau war im höchsten Maß irrational, war sinnlos, denn in seiner Mitte war nur Leere, und es war eine andere Leere als die Leere in Tokio und Kyoto, denn diese umgab den Palast des Tenno, des Kaisers.
Blick ins entfernte leere Zentrum von Neuf-Brisach
Fortsetzung folgt.