Dusty taucht schwer von Träumen aus dem Manga auf. Scheiß Aliens, scheiß Marlow. Was hat der überhaupt in ihren Träumen zu suchen. Scheiß Tag! Ich will nicht aufwachen. Sie versucht, die Matratze zu umarmen. Zu kurze Arme. Sie umarmt das Kopfkissen, und kriecht unter die Decke. Nicht noch so ein Tag.
Als erstes wird sie mit Marlow die Outdoorkunden ablaufen. An Spielplätzen, Straßenecken, in Parks, S–Bahnstationen wird Ware gegen Geld getauscht. Bewegliche Ziele sind schwerer zu treffen. Die Kunden sind zufrieden. Marlow hat guten Stoff.
Danach immer diese elenden Hausbesuche. Diese Treffen sind länger, und es wird gechilled. Chillen meint, alle möglichen Drogen konsumieren, so viel wie möglich. Auf den Tischen unter Bergen von Zigarettenstummeln und Jointfiltern vermutet sie die Aschenbecher, mehrere Spiegel und zusammengerollte Geldscheine liegen auf dem dreckigen Wohnzimmertisch. Purpfeifen, Bongs und alle möglichen anderen Rauchgeräte, überall Bierflaschen. Im Raum hängt eine süßliche Rauchwolke. Verschiedene Sorten von Freaks und vom Leben Abgehängte lümmeln sich auf fleckigen und alten Polstermöbeln. Nur Jungs. Auf dem Riesenbildschirm läuft ein Horrorfilm. Seine Lautstärke mischt sich mit dem Gewirr der Stimmen. Meistens schlechte Witze über Sex, Frauen, Pornos. Einer redet ins nächste Ohr, der wiederum ins Ohr des neben ihm Sitzenden. Ohren kann man nicht schließen
Nur Marlows Stimme übertönt alles. Manche hören ihm zu und lachen an den richtigen Stellen. Diese Schleimer versuchen ihn bei Laune zu halten. Vielleicht fällt etwas für sie dabei ab. Meistens redet er von seiner Vergangenheit als Gründer einer IT-Firma und seinem Burnout. Irgendwann wird er wieder groß einsteigen. Cool. Nach einer Stunde gehen wir zur nächsten Wohnung. Wieder hässliche Möbel, ein übergroßer Fernseher und auch alles andere.
Fotografik Hamsterrad: Friedel Kantaut
Wie immer beginnt jetzt mein Job. Der Drogencocktail trübt Marlows Verstand. Ich versuch ihn zu unserer Wohnung zu lotsen. Er will noch in Kneipen. Wir bekommen Streit, und ich gehe allein und heulend heim. Ein paar Stunden später wird er klingeln und schimpfend durchs Treppenhaus torkeln. Wieder hat er ein Plastiktütchen oder Geld verloren. Er wird seine zu vielen Taschen durchsuchen und mich verdächtigen. Nach etwa einer halben Stunde wird es gefunden was er sucht. Noch eine Nase und danach immer schlechten Sex. Dann grunzt er einmal, dreht sich um und schläft ein. Endlich darf ich wieder in mein Traumversteck.
Marlow wacht auf, springt aus dem Bett, in seine Klamotten, hastet aus ihrer Wohnung, wie eine S–Bahn, die Millimeter an dir vorbeidonnert, obwohl Du auf sie gewartet hast. Dabei stolpert er fast über Hante, der zwischen kleinen Türmen aus Kupfermünzen schläft. Zwei von drei Türmen fallen in sich zusammen und hinterlassen auf dem klebrigen Boden Häufchen ungeordneter Verzweiflung.
Dusty erinnert sich, dass Hante in der Nacht diese filigranen Bauwerke sorgfältig aufgeschichtet hat, ein schlecht geplantes Bollwerk aus seinem Kapital. Die Farben von Kupfer und Ochsenblut sind keine schöne Kombination, auch nicht, wenn die Nachmittagssonne den Staub, den Marlow beim hinaushasten aufwirbelt, zu goldenen Filtern macht. Hante wacht auf und folgt Marlow. Für ein wenig Ecstasy würde er Männchen machen. Jetzt muss sie schnell sein, sonst bekommt sie Ärger. Bei den Briefkästen holt sie Marlow ein. Gerade versucht er, einen Brief in den übervollen Briefkasten zurückzustopfen. Er schimpft dabei vor sich hin. Fuck spricht er immer mit einem U aus. Er ist übel gelaunt. Das fängt schlimm an. Auf dem Weg zum Platz wird sie sich still hinter ihm halten, ihm heute nicht widersprechen, und hoffentlich einen Hinweis erhalten, was sie tun muss, um eine weitere Nacht in Sicherheit zu sein.
An diesem scheiß Tag scheint die Sonne.