Ein echter Mondrian

Ich habe bereits erzählt, wie ich mich in letzter Minute zum allerletzten Handlithografen von Basel ausbilden ließ, obwohl mir alle Welt davon abgeraten hatte. Siehe: Das letzte Steindruckplakat Folge 2

Es gab nur noch einen Lehrling in diesem Beruf, in Zürich, das war der allerallerletzte in der Schweiz.

Die vierjährige Lehre hab ich durchgestanden, wenn auch mit einigen Anfechtungen und Zweifeln. Eigentlich stand mir der Sinn nach künstlerischer lithografischer Arbeit in einer eigenen Werkstatt. Und zu meiner Freude wurde mir durch Zufall eine Litho-Handpresse mit viel Zubehör günstig angeboten. Damit konnte ich mein erstes Druck-Atelier im Keller einer fürstlichen Villa an der Pilgerstraße in Basel einrichten.

Schon nach einem halben Jahr konnte ich, zumal es mir auch an Platz mangelte, umziehen in einen geeigneten Raum im Luftgässlein nahe beim Münster. Die Idee, ein Steindruck-Atelier für Künstler aufzubauen war plötzlich ganz klar in meinem Kopf. Nicht nur der herrliche Münsterbau war mein Nachbar, genau gegenüber meiner Werkstatt gabs die Galerie Beyerle.


Eine meiner ersten Litho-Pressen

Herr Beyerler fand Gefallen an meinen lithografischen Fähigkeiten, und da er gerade eine Mondrian-Ausstellung vorbereitete, brachte er ein Bild des Künstlers in mein Atelier. Er wünschte sich ein handlithografiertes Plakat, in Größe und Gestalt genau nach dem Original. Ein echter Mondrian! Ich war im siebten Himmel!

Es entstand ein 5-farbiges Plakat, Auflage: 300. Ich war gerade mal Achtzehn und steckte noch in meiner Lehre. Während der Wochen des Druckens beherbergte ich einen echten Mondrian in meiner kleinen Werkstatt. Gedruckt hab ich abends und ganze Nächte durch.

Etwa 50 Plakate wurden verteilt und der Rest zum Verkauf angeboten. Zum ersten mal in Beyelers Geschichte wurden alle Plakate noch vor der Vernissage verkauft. Die Nachfrage war so stark, Beyeler bestellte bei mir nochmals 500 Plakate, die Einmaligkeit. ein richtiges Steindruckplakat zu erwerben war enorm groß.

Die Nachbestellung machte mir große Sorgen, denn meine Hand- und Schultergelenke waren so stark entzündet, da ging nichts mehr. Mit Beyelers Einverständnis sollten die 500 Plakate unter meiner Aufsicht auf einer Steindruckschnellpresse gedruckt werden, die ich noch ausfindig machen musste.

Beim Kauf einer Handpresse (ich besaß inzwischen drei) in der ehemaligen kleinen Steindruckerei im Clarahofweg in Kleinbasel entdeckte ich eine Schnellpresse. Sie war schon über zehn Jahren nicht mehr in Gebrauch.

Aus nostalgischen Gründen wollte die Besitzerin unbedingt mit ihrem ehemaligen Drucker, einem noch gelernten Steindrucker diese 500 Plakate drucken. Aber mein Auftrag wurde zum Desaster, denn diese Schnellpresse wurde ehemals nur für Etiketten verwandt, also für kommerzielle Drucke. Büttenpapier zu bedrucken war das Problem und natürlich meine Druckvorlage, das von Hand gedruckte Plakat. Die 500 Plakate kamen dann doch noch rechtzeitig zur Eröffnung. Da ich nie etwas über den Verkauf erfuhr, vermute ich, sie wurden vernichtet.

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