Vom Narrativ der Pandemie der Ungeimpften
Der 49-Jährige demonstriert vorbildlich, was er alles von Merkel abgeschaut hat: Er liest die Stimmungslage in der Bevölkerung schon wie das heilige Orakel selbst und weiß zwischenzeitlich um die Abscheu vieler bei der Behauptung einer „Pandemie der Ungeimpften“.
Also sagt er: Es gibt im Moment ein Narrativ, das ich für vollkommen falsch halte: die Pandemie der Ungeimpften. Wir haben keine Pandemie der Ungeimpften, wir haben eine Pandemie.
Für Christian Drosten sind vor allem die älteren Ungeimpften gefährdet. Auch das eine erstaunliche Zäsur, wo bald täglich die Forderungen erneuert werden, auch Kinder vollständig durchzuimpfen, bis dahin, dass die Ständige Impfkommission massiv unter Druck gesetzt wurde, bis sie Abbitte leistete.
Ja, es klingt noch verdruckst bei Drosten, fast zerknittert, aber es ist bei ihm klar herauszuhören, dass es um die Alten geht, was vielen, die das zuvor behauptet hatten, in die Ecke von Verschwörungstheoretikern katapultiert hat: „Wer nicht geimpft ist, infiziert sich mit seinem jeweils alterstypischen Risikoprofil“, sprich, gesunde jüngere Menschen betrifft es kaum. Nur warum hat es so lange gedauert, bis das aus Drosten herauskommt und wie lange dauert es jetzt, bis es bei der Regierung in politisches Handeln umgewandelt wird? Was für ein Desaster – man beginnt zu verstehen, was das Chaos der letzten Monate verursacht hat. Und Drosten hat’s auch verstanden und will jetzt den Kopf aus der Schlinge ziehen. Er hat realisiert, dass seine größte Gönnerin bald Geschichte ist.
Schockmeldung von Drosten für jene, die an die Impfung geglaubt haben, weil man es ihnen gesagt hatte: „Die Delta-Variante hat leider die Eigenschaft, sich trotz der Impfung zu verbreiten. Nach zwei, drei Monaten beginnt der Verbreitungsschutz der Impfung zu sinken. Und wir haben ganz viele Menschen gerade in den relevanten Altersgruppen, die schon im Mai oder im Juni geimpft worden sind. Die verlieren jetzt allmählich ihren Verbreitungsschutz, und sie werden immer mehr. Wir haben eine Pandemie, zu der alle beitragen – auch die Geimpften, wenn auch etwas weniger.“ Die entscheidendere Frage hier ist aber, wie es mit den ernsthaften Erkrankungen aussieht, weniger mit der Verbreitung – die stände hier ja im selben Maße für eine ‚Pandemie der Geimpften‘ wie für eine der Ungeimpften. Oder doch, Drosten sagt, die Infektion eines Geimpften sei „deutlich weniger pathogen.“ Zäsur: Spätestens mit der Deltavariante sei die Idee einer Herdenimmunität gestorben. „Jetzt können wir auf diesen Effekt nicht mehr hoffen. Das Delta-Virus verbreitet sich bei einer erheblichen Fraktion der Geimpften weiter.“
Schluß folgt morgen.