Von Pierre Heumann – «Die Risiken bleiben im Dunkeln»
Robert Malone war an der Entwicklung des mRNA-Impfstoffs beteiligt. Heute warnt er vor ihm. Auf Twitter wurde er gesperrt, von Youtube entfernt. Nun verlegt er sein Gefecht auf die Straße.
Für Impfskeptiker ist Robert Malone einer der wichtigsten Kronzeugen. Seine Fan-Gemeinde hört auf ihn, weil sie ihm mehr vertraut als Politikern oder Wissenschaftlern von Big Pharma. Denn Malone rühmt sich als Experte, der den Mut habe, die Wahrheit zu sagen, wo andere schweigen. Er muss es wissen, sagen sich seine Anhänger, nennt er sich doch «Erfinder von mRNA», dem Impfstoff, der einen Schutz vor Corona verspricht. Bis vor kurzem konnte er auf sozialen Medien seine Warnung unter die Leute bringen.
Doch jetzt ist Malone von Twitter ausgeschlossen worden, weil er «wiederholt gegen die Covid-19-Missbrauchsrichtlinie» verstoßen habe. Sein Linkedin-Konto mit seinen 30 000 Kontakten ist ebenfalls leer. Es wurde gesperrt. Schliesslich hat auch Youtube ein Video entfernt, wo er seine umstrittenen Corona-Theorien ausgebreitet hatte. In einem Exklusiv-Interview mit der Weltwoche bezeichnet Malone den Versuch, ihn mundtot zu machen, als weiteres Beispiel für die Cancel-Culture.
Weltwoche: Hat Sie die mehrfache Sperrung überrascht?
Robert Malone: Nein, das habe ich erwartet. Big-Tech-Firmen sind zu einem Ministerium für Wahrheit geworden. Die Meinungsfreiheit ist aber bloß gewährleistet, wenn alle Stimmen gehört werden können. Bei Covid-19 ist das nicht mehr der Fall.
Malone hat den Impfstoff mRNA zwar nicht erfunden, wie er von sich behauptet, aber er war einer der Ersten, die sich auf dessen Herstellung spezialisiert haben. An zwei bahnbrechenden Arbeiten auf dem Gebiet des Gentransfers war er beteiligt. Ende der 1980er Jahre studierte er am Salk Institute for Biological Studies, injizierte genetisches Material – DNA und RNA – in die Zellen von Mäusen und hoffte, eine neue Art von Impfstoff zu entwickeln. Wenn der gleiche Ansatz bei menschlichen Zellen funktioniert, so seine Erwartung damals, könnte diese Technologie «alternative Ansätze für die Entwicklung von Impfstoffen bieten».
Die heute verwendeten Injektionen beruhen auf Innovationen, die nach Malones Arbeiten im Labor gemacht wurden. An der Entwicklung der mRNA-Impfstoffe seien während dreier Jahrzehnte Hunderte von Forschern beteiligt gewesen, schreibt die Zeitschrift Nature. Trotzdem bezeichnet sich Malone nach wie vor als «Erfinder der mRNA-Vakzine» und protestiert: «Ich wurde aus der Geschichte verbannt.» Der Nature-Autor habe wichtige Patente «vergessen», sagt Malone: «Ich habe zehn Patente über genetische Impfstoffe. Neun davon wurden 1989 registriert, ein Jahrzehnt bevor das Katalin Karikó und Drew Weissman taten» – die beiden gelten heute als die Wegbereiter des mRNA-Impfstoffs. Karikó wurde im vergangenen Jahr sogar als Anwärterin auf den Nobelpreis gehandelt.
Dass sein Beitrag in Vergessenheit geraten ist, hat für Malone wirtschaftliche Folgen. Denn Analysten schätzen das Marktvolumen des Impfstoffes allein im Jahr 2021 auf über fünfzig Milliarden Dollar. Anderseits, tröstet sich Malone, sei er wohl der einzige, der sich intensiv mit dieser Technologie befasst habe, «ohne ein finanzielles Interesse daran zu haben».
Einige Monate forschte er auch in der Schweiz nach effizienten und sicheren Methoden, um genetisches Material in Gewebe einbringen zu können. «Das war Ende der 1990er Jahre», sagt er, und nein, er erinnere sich nicht an den Namen des Instituts, wohl aber daran, dass er das Schwimmen «in diesem Fluss» genossen habe. Das Glockenspiel – seine Wohnung lag in der Altstadt unweit des Zytglogge-Turms – habe ihn fasziniert. Bern sei für ihn eine der schönsten Städte der Welt, sagt er. Und nirgends gebe es besseres Raclette als dort.
Er habe zwar nichts über seine Berner Studien veröffentlicht, habe aber wichtige Erkenntnisse für die In-vivo-Verabreichung von Genen in festen Geweben gewonnen, die sogenannte Elektroporation, sagt der 62-jährige Biologe. Heute ist er Berater bei Leidos, einem amerikanischen Konglomerat, zu dem Bereiche wie Verteidigung, Informationstechnologien und biomedizinische Forschung gehören. Es hat seinen Sitz in Virginia, wo auch Malone zu Hause ist.
«Nichtbeachtung der Bioethik»
Spätestens seit er nicht mehr auf Twitter, Linkedin und Youtube vor dem Impfstoff warnen kann, engagiert sich Malone an mehreren Fronten gegen die Strategie, mit der Spritze gegen Covid-19 vorzugehen. Seine Hauptsorge, sagt er, gelte «der Nichtbeachtung der Bioethik, der Nichtbeachtung der guten klinischen Praxis und der Nichtbeachtung der klinischen Standardtests». Es habe sich zudem gezeigt, dass die Risiken höher seien als der Nutzen, wenn man auf die Zahl der geretteten Menschen abstelle.
Malone: «Wir beobachten eine koordinierte Anstrengung der Medien, um jede Diskussion über das Risiko des Impfstoffs, der genetischen Impfstoffe, zu unterbinden. Die Medien und Big Tech arbeiten imgrunde mit der Regierung zusammen, unterstützt von Pfizer und der ganzen Pharmaindustrie. Sie sorgen gemeinsam dafür, dass die Patienten keinen Zugang zu den Informationen erhalten, die sie für ihre Zustimmung zur Impfung benötigen würden. Es ist eine Verschwörung, mit der die informierte Zustimmung der Patienten verhindert werden soll. Die Risiken des Impfstoffs bleiben im Dunkeln. Das ist völlig im Widerspruch zum Nürnberger Kodex.»
«Die Menschen folgen den von ihnen anerkannten Anführern. Es spielt keine Rolle, ob sie sie anlügen.»
Schluß folgt morgen.