Benjamin von Stuckrad-Barre: Deutsches Theater
Collage: Marianne Mairhofer
Es ist Jahre her, ich kannte B. v. St.- B. nur flüchtig aus dem Fernsehn. Er hatte gerade eins seiner ersten Bücher veröffentlicht, Deutsches Theater, und er wollte es einem studentischen Publikum vorstellen. Das geschah in meiner Nähe, und so mach ich mich auf, ihn anzuhören.
Warum komm ich auf dieses Ereignis nach Jahren zurück? Nun, weil die Studenten, auf die ich heutigentags treffe, noch grotesker von einem Bazillus betroffen sind, als die, die mir damals begegneten.
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Der Saal ist voll von ihnen, dieser kaum zu ertragenden Mischung aus Unbedarftheit, Unwissenheit, Kindischkeit.
Darauf stellt sich St.-B., dieses selbst erst 27jährige clevere Kerlchen, geschickt ein, und das Auditorium, dieses erstsemestrige, infantile Völkchen dankt es ihm in kichriger Ergenbenheit.
Hin und wieder blitzt St.s spontaner intelligenter Schalk auf, dann kreiert er Späße, die bis zum Stegreif-Theater ausarten. Amüsant, witzig. Aber die Studentchen, ungeübt solcher Narreteien (sie haben weder eine Ausbildung bei Galli noch bei Schlingensief gemacht) spielen weniger mit, als sich vorführen zu lassen. Und so wird es fast peinlich, und ich bin froh, wenn er wieder von ihnen abläßt.
St.-B. ist durchaus ein witziges Kerlchen, sehr berlinerisch, und seine mimisch untermalte Spreche viel besser (lebendiger, geistreicher), als seine Schreibe. wenn ich seine Stückchen im Buch, das ich gekauft hab, wenn ich sie also nachlese zuhause, kommen sie mir albern und feuilletonistisch seicht vor. Nirgendwo rechter Biß, er blödelt geschickt über Stellen, die es in sich hätten, hinweg.
Auch seine Wortspielchen und –klauberein verschleißen sich, weil sie so bemüht witzig gesucht sind: Billiglohnlandsymphoniker. Von solcherart witzigseinsollenden Wortklaubereien ist das Buch voll. Zu dick aufgetragen, zu viel Schminke. Worthübschigkeiten.