Als wir am Abend des 2. Januar 1992, das war der Tag, an dem die Stasiakten geöffnet wurden, nach einem Tag Lektüre vor der Gauck-Behörde auf der Straße standen und uns über die Maßnahme- und Zersetzungspläne der Staatssicherheit austauschten, sagte Bärbel Bohley, die bekannteste Bürgerrechtlerin der DDR zu mir, dass sie sicher sei, dass die Stasiakten von allen Möchtegern-Herrschern genau studiert werden würden. Wir würden es in Zukunft mit der Anwendung der von der Stasi entwickelten Zersetzungsmethoden zu tun haben. Bohley hat recht behalten. Die Blaupause für den heutigen Umgang mit Andersdenkenden ist tatsächlich in der Anleitung zur Zersetzung von „feindlich-negativen Elementen“, das waren Leute wie Bohley und ich, heute abwechselnd Rechte, Verschwörungstheoretiker, Rassisten oder Nazis genannt werden. Wie absolut sinnentleert diese Begriffe sind, sieht man schon daran, dass inzwischen laut Grüner Jugend Klimaleugnung auch rassistisch ist.
Die Schwäche der Politisch-Korrekten
Das zeigt aber genau die Schwäche der Politisch-Korrekten. Wer so substanzlos ist, muss die Debatte fürchten, wie der Teufel das Weihwasser. Also halten wir uns nicht mit Beteuerungen auf, kein Rassist oder Nazi zu sein, sondern hauen wir ihnen ihre Absurditäten um die Ohren.
Wir haben keine öffentliche Debatte mehr. An ihre Stelle ist ein verqueres, aber dafür todernstes Spektakel getreten. Vor unser aller Augen geraten die Maßstäbe der Beurteilung, die Standards, aus den Fugen.
Dietrich Bonhoeffer hat zu seiner Zeit eine ähnliche Erfahrung gemacht:
„Die große Maskerade des Bösen hat alle ethischen Begriffe durcheinandergewirbelt. Dass das Böse in der Gestalt des Lichts, der Wohltat, des geschichtlich Notwendigen, des sozial Gerechten erscheint, ist für den aus unserer tradierten ethischen Begriffswelt Kommenden schlechthin verwirrend; für den Christen, der aus der Bibel lebt, ist es gerade die Bestätigung der abgründigen Bosheit des Bösen.“
Umso schlimmer für die Tatsachen
Die Ideologen, die keine, schon gar keine guten Argumente haben, versuchen mit Verweis auf Identität, Gefühl und das persönliche Empfinden recht zu bekommen. Das gelingt, weil es eine folgsame Schar von willigen Helfern gibt, die sich allzu gern an die gerade ausgegebenen Parolen schmiegen. Sie handeln in Anlehnung an das Hegelsche Diktum, wenn die Tatsachen nicht mit der Theorie übereinstimmen – umso schlimmer für die Tatsachen. Wer auf der vermeintlich richtigen Seite steht, für den gibt es nur eine Ursache für den Klimawandel, aber dafür 60 oder mehr verschiedene Geschlechter.
Da solche Behauptungen sichtbar nicht mit der Realität übereinstimmen, müssen sie irgendwie manifest gemacht werden. In der Geschlechterfrage sind nun die Niederlande vorangegangen. Das Geschlecht soll nicht mehr im Personalausweis stehen. Die CDU, die sich zur linken Zeitgeistpartei verbogen hat, ist gerade nicht ganz auf der Höhe des Zeitgeistes. Sie will eine Frauenquote von 50% einführen. Da fragt man sich bang: wo bleibt die Gerechtigkeit für die anderen Geschlechter? Wenn schon Quote, dann bitte für alle 60 oder mehr Geschlechter!!
Die neue Konformität, die sich unter dem Deckmantel der Political Correctness ausbreitet, ist einerseits alarmierend. Andererseits ist beruhigend, dass, wer die Konfrontation von Ideen verhindert, dies aus Angst vor der Schwäche des eigenen Standpunkts tut. Deshalb versuchen die politisch-korrekten Schwächlinge die freie Rede mit aller Macht zu unterdrücken. Freiheit, allen voran Meinungsfreiheit, ist aber die Essenz jeder Demokratie, die diesen Namen verdient.
Wenn die Meinungsfreiheit abgeschaltet ist, sterben auch alle anderen Freiheiten. Wir können das aktuell gerade beobachten, wie die Bewegungs- und Reisefreiheit drastisch eingeschränkt wird. Mit dem Abstandsgebot wird der zwischenmenschliche Kontakt unterbunden. Außerdem wird die politisch erzeugte Corona-Krise ausgenutzt, um den Ungeist der politischen Korrektheit weiter in die Gesellschaft zu treiben. Dieser Ungeist metastasiert sich gerade durch Universitäten, den Kulturbetrieb, Redaktionsstuben bis hin in die Politik. Die öffentlich-rechtlichen Moderatoren bemühen sich um eine gendergerechte Sprache. Jetzt wird sogar in den Nachrichten das Gendersternchen mitgesprochen: Hörer innen. In Behördenpapieren und in Zeitungen wird das Gendersternchen zum Alltag. Was können, was müssen wir dagegen tun?
Fortsetzung folgt übermorgen.