Das letzte Steindruckplakat

Eine Erinnerung

Basel 1960, nach den Herbstferien bekamen wir im achten, das war das letzte Schuljahr der Sekundarschule, einen Berufsberatungs-Fragebogen. Der wurde von uns Schülern ausgefüllt, später von einem Berufsberater ausgewertet. Unser Lehrer Guido Harder war ein außergewöhnlicher Mensch. Ihm war es wichtig, alle seine Schäfchen mit den besten Voraussetzungen ins harte Leben zu entlassen, wir bekamen alle ein gutes Abschlusszeugnis. Auch setzte er sich ein, bis wir alle eine Lehrstelle gefunden hatten.

Die Auswertung meines Fragebogens war Förster, und mit der Bemerkung, ich hätte den Fragebogen nicht ehrlich ausgefüllt. Insgeheim hatte ich gehofft, man würde mir als Berufswahl Bauer vorschlagen. Denn die letzten zwei Sommerferien verbrachte ich auf einem Bauernhof im Kanton Jura, seither spukte es in meinem Kopf, Bauer zu werden.

Dass es bei den Auswertungen der städtischen Berufsberatungs-Formulare keinen Bauern gibt, daran dachte ich nicht. Gerne Bauer werden zu wollen, konnte ich weder schriftlich zuhause noch mündlich beteuern. Jede Äußerung wäre auf taube Ohren gestoßen. Du bist nicht ganz dicht, hätte es geheißen.

Mein Bruder, vier Jahre älter als ich, arbeitete als Kartonager in einer großen Druckerei. Er schlug mir vor, ich solle doch Offsetdrucker lernen, das sei ein Beruf mit einer vielversprechenden Zukunft. Er verriet mir auch die bekannteste Druckerei Basels.

Am nächsten Tag ging ich nach Schulschluss direkt zu der Druckerei Wassermann und sagte: Ich suche eine Lehrstelle als Offsetdrucker. Die Antwort: Der Personalchef sei in Ferien, wenn ich meine Adresse dalasse, werde ich von ihm hören, sobald er zurück sei.

Etwa zehn Tage später kam eine Einladung für ein Vorstellungsgespräch mit dem Vermerk, ich solle einen Elternteil mitbringen und ein paar Zeichnungen. Meine Mutter weigerte sich, mich zu begleiten, mein Vater war bereit.


Foto: Kurt Meier. Eine Steindruck-Schnellpresse

Wir wurden von der Empfangsdame in ein riesiges Sitzungszimmer geführt. Dort erwartete uns der Personalchef, der uns nach der Begrüßung erklärte, alle Lehrstellen für den Offsetdruck seien vergeben. Eine Lehrstelle für den Beruf des Handlithographen könne er mir anbieten. Auf unsere Frage, was ein Handlithograph sei, kam die Antwort: Der muss gut zeichnen können, daher auch meine Bitte, Zeichnungen mitzubringen.

Als er uns den Lehrvertrag zuschob, baten wir um einige Tage Bedenkzeit.

Fortsetzung folgt.

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