„Es kann nur noch besser werden“ – das schrieb ich heute vor einem Jahr. Und ich habe mich wohl selten so getäuscht. Die Schlussfolgerung, die sich aus diesem Irrtum aufdrängt, ist so ungeheuerlich, dass ich kaum wage, sie niederzuschreiben: Dass auch jetzt noch viel Luft nach unten ist und es noch einmal viel schlechter kommen könnte. Viele Leute, die ich für klug halte, gehen davon aus. Aber ich möchte sie nicht mit so einer negativen, ja fast schon defätistischen Note ins neue Jahr begleiten.
Wir leben in einer Zeit großer, historischer Umbrüche – zumindest darüber sollten wir uns über alle politischen Grenzen hinweg inzwischen einig sein. Und solche Zeiten gehen nie ohne größere Verwerfungen vonstatten. Das wird immer noch von vielen verdrängt, so mein Eindruck. Viele glauben, nach Corona gäbe es ein Zurück. Aber die Zerstörungen, die angerichtet wurden, wirtschaftlich, finanzpolitisch, gesellschaftlich, aber auch menschlich und psychisch, sind gewaltig. Viel spricht dafür, dass es unser Vorstellungsvermögen übersteigt, sie auszumalen.
Aber solche Veränderungen können immer auch eine Katharsis sein, also eine Läuterung, und damit ein Neubeginn. Oder besser: eine Rückbesinnung. Auf Altbewährtes, auf Traditionen, auf Grundregeln unseres Zusammenlebens und unserer Zivilisation, auf die Aufklärung, auf unsere Wurzeln. Kulturrevolutionäre, die von Ideologie besessen die Welt retten wollen, haben die Oberhoheit über die Politik erkämpft und versuchen, unsere Gesellschaft von oben umzukrempeln.
Ob Gender-Sprache, eine ideologische statt realistische Einwanderungspolitik, die Zerstörung der Familie, die freie Wählbarkeit des Geschlechts, der Wahn, von Deutschland aus das Weltklima retten zu können oder einen Virus mit „Null-Covid“ in die Schranken zu weisen: Politiker, Journalisten, Aktivisten und andere „Wichtige“ aus einer Generation, die nie historische Verwerfungen erleben musste wie die vorherigen, die im Krieg oder der harten Nachkriegszeit aufgewachsen ist, hat sich in Wohlstandsverwahrlosung von der Realität abgekoppelt. Ein krasses Beispiel dafür ist die Blase in den schicken Vierteln Berlins, die mit der Lebenswirklichkeit der meisten Menschen in diesem Land nichts zu tun hat.
Die russische Revolution, die eigentlich ein Putsch war, hat ihr Land für 70 Jahre ins Unglück gestürzt (strenger genommen eigentlich bis heute, also für mehr als 100 Jahre). Heute leben wir in Zeiten des Internets und der sozialen Netzwerke, und Lenins geistige Urgroßneffen sind aus anderem, um ein Vielfaches weicherem Holz geschnitzt als der Revolutionsführer; Gott sei Dank erscheint ein neuer „roter Terror“, wie man die Ermordung von Millionen Andersdenkenden fast schon beschönigend nennt, heute undenkbar. Psychoterror gegen Menschen mit anderer Meinung und Umerziehungsversuche sind dagegen allgegenwärtig.
Meine Überzeugung ist, dass die Mehrheit der Menschen in Deutschland geerdet ist und mit beiden Beinen fest auf den Tatsachen der Realität steht. Bisher haben viele von ihnen die kleine Minderheit von Ideologen und Kulturrevolutionären stillschweigend gewähren lassen. Oft aus Bequemlichkeit oder Desinteresse. Ein Nebeneffekt der Corona-Politik ist jedoch, dass immer mehr Menschen kritische Fragen stellen. Zunächst sich selbst und dann anderen.
Je stärker der Staat die Daumenschrauben anzieht, je heftiger die Lüge und die Verleumdung von Andersdenkenden, je absurder die Maßnahmen, umso dünner wird die Luft für die Ideologen – wie bereits jetzt die regelmäßigen Proteste in unzähligen deutschen Städten zeigen. Auch wenn die Gefahr des weiteren Abgleitens in den Autoritarismus leider nicht von der Hand zu weisen ist – ebenso deutlich ist die Chance, dass die Gesellschaft die Notbremse zieht und es dann eine Rückkehr zu den Werten des Grundgesetzes und zu der alten Bundesrepublik gibt, vor ihrer schleichenden DDRisierung im Schafspelz in 16 Jahren Angela Merkel.
In diesem Sinne – Ihnen allen, liebe Leserinnen und Leser, ein besseres neues Jahr!