Boi soll dat nau en guudet Enge niämen?

Bat stiäket allet in düser Frooge? Dai Angest, dat ve döör use Schrapperigge user Eere diän Oom niämet un dai Bammel vüör niggen Kreygen, bann de Mensken nit uphoort hinger Laigebuils un Bescheyters inner Politik hiärtelaupen. Sind de Lüe unweys ewuuren? Bai dat vüör siek sütt, hiät et schwoor, aan en guudet Enge te gloiben. Sollten vey nöi diän Kopp hangen looten? Bey saubat kann dai Blick terügge ne graute Hilpe seyn.

Froiër gafft et auk Teyten, bo de Lüe unweys weeren konnen, weyl füär sai de Eere intestüärten dröggere. In diär Franzöisken Revolutiaun wuurten Küünig un Küünigin de Köppe aabeschlooen. Bo vüörhiär de Mensken imme Land un in diär Kiärke orndlik van uobene bit ungene uppestallt wuuren, geroo nöi allet döörnain. Dai Philosoph Immanuel Kant (1724 bit 1804), harr de Mensken upperaupen, iär Liäben sölbers in de Hänge te niämen. Doo wuuren viele nit aan ewient. Böi soll dat nau widdergooen, froogeren se siek in düser unsiekeren Teyt. Auk dai graute westfälske Dichterske Annette von Droste- Hülshoff (1797 bit 1848) hiät siek doo iären Kopp üöber terbruaken. Se schrief im Joore 1842 dat Gedicht „Der Knabe im Moor“. Dooin vertallte se van nem klainen Jungen, dai, as de Mensken doomools, mië seyner Angest terächtekuumen mochte.


Gerhard Wedepohl (1893 – 1930)

Aan nem Hiärbestnummedag, as et all schummrig wuur, machte siek ne Jungen van diär Schaule uppen Wiäg noo seynem Ellernhöis, nem Buurenhuof, dai allaine hinger nem grauten duisteren Moor lachte. Mië biebernen Knaien leep dat Kind laus, stüärtere üöber Wuarteln, leep widder, grüggelere siek vüör diän aabeschlooenen Biärken, dai iäme im Duisterweeren as Mensken oone Kopp vüörkaamen. Mensken, dai siek im Liäben schwoor versüniget harren un im Daut kenne Rugge kreygen konnen. Sau harr dat dai Junge ümmer wieer van diän Allen ehoort. Hai duckere siek. „Nai, iek well nit van uuch in de schwatte Daipe etooen weeren! O wai, de Eere unger mey bewieget siek all. Iek kann miek nit meer hallen“, joomere hai. Dicker Niebeldamp stieg öit diäm Moorwaater. Vüör diäm Kind, hinger, tieger, unger, üöber iäme söchterere’t. „Dai aarmen Sailen quiält siek in iärer Naut. Gleyk packet se miek. Iek sin verluaren“, ankere dat Kind vertweyfelt.

Up mool krieg dai Junge wieer fasten Buam unger de Föite. Hai soo seyn Ellernhöis. Lecht schien döört Küükenfenster. Dai Klaine öömere daip döör. „Nöi sin iek wier te Haime. Hey sin iek sieker“, sachte hai tau siek, as hai naumool terügge in dat duistere Moor kuckere.

Bai hiät nöi dat Kind öit seyner Naut ereddet? Borümme is et nit vam Wiäge aabekummen un ungeregooen? Bai hiät diäm Jungen diän Wiäg noo Haime ewiesen un füär en guudet Enge esuorget? Annette von Droste-Hülshoff gitt dai Aantwoort: „Wüür nit dai Schutzengel ewiäst, härren dai Torfgriäber ennen Daages dai bleyken Knuakelken van diäm Kind öitegraben.“ Sau soo dat doomools dai fruume Dichterske. Un dündaag? Sind us de Engels wiägefluagen? Faake sütt et doo öit noo. Bat nöi? Mottet ve ais wieer up de hiemlisken Dainer wachten? Krummstrau! Bann ve us giegenseytig en bietzken tau Engels maaket, kreyget ve dat mië diäm guuden Enge all hiene.


Dieser Dialekt wurde und wird im sauerländischen Städtchen Brilon gesprochen. Erst in einigen Tagen (mit Absicht) folgt die hochdeutsche Übersetzung als Kommentar.

Siehe auch den Text Uprecht gooen vom 16. Januar 2016

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Eine Antwort zu Boi soll dat nau en guudet Enge niämen?

  1. Rolf Hannes sagt:

    Dies hier ist nun die nachgereichte Übersetzung ins Hochdeutsche. Nachgereicht, weil wir unsre Hirne erstmal sich am Plattdeutschen ergötzen konnten (sollten). R. H.

    Was steckt alles in dieser Frage? Die Angst, dass wir durch unsere Raffgier unserer Erde den Atem nehmen und die Furcht vor neuen Kriegen, wenn die Menschen nicht aufhören hinter Lügnern und Betrügern in der Politik herzulaufen. Sind die Leute verrückt geworden? Wer das alles vor sich sieht, hat es schwer, an ein gutes Ende zu glauben. Aber sollten wir nun den Kopf hängen lassen? In solcher Situation kann der Blick zurück eine große Hilfe sein.

    Auch früher gab es Zeiten, wo die Leute verrückt werden konnten, weil für sie die Erde einzustürzen drohte. In der Französischen Revolution wurden König und Königin die Köpfe abgeschlagen. Wo vorher die Menschen im Land und in der Kirche ordentlich von oben bis unten aufgestellt waren, geriet jetzt alles durcheinander. Der Philosoph Immanuel Kant (1724 bis 1804) hatte die Menschen aufgerufen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Daran waren viele nicht gewöhnt. Wie soll das noch weitergehen, fragten sie sich in dieser unsicheren Zeit. Auch die große westfälische Dichterin Annette von Droste-Hülshoff (1797 bis 1848) hat sich darüber ihren Kopf zerbrochen. Sie schrieb im Jahr 1842 das Gedicht Der Knabe im Moor. Darin erzählt sie von einem kleinen Jungen, der mit seiner Angst zurechtkommen musste.

    An einem Herbstnachmittag, als es schon dämmerte, machte sich ein Junge von der Schule auf den Weg nach seinem Elternhaus, einem Bauernhof, der allein hinter einem großen dunklen Moor lag. Mit zitternden Knien lief das Kind los, stolperte über Wurzeln, lief weiter, graute sich vor den abgeschlagenen Birken, die ihm im Dunkelwerden als Menschen ohne Kopf vorkamen. Menschen, die sich im Leben schwer versündigt hatten und im Tod keine Ruhe kriegen konnten. So hatte der Junge das immer wieder von den Alten gehört. Er duckte sich. „Nein, ich will nicht von euch in die schwarze Tiefe gezogen werden! O weh, die Erde unter mir bewegt sich schon. Ich kann mich nicht mehr halten!“, jammerte er. Dicke Nebelschwaden stiegen aus dem Moorwasser. Vor dem Kind, hinter, neben, über ihm seufzte es. „Die armen Seelen quälen sich in ihrer Not. Gleich packen sie mich. Ich bin verloren“, stöhnte das Kind verzweifelt.

    Auf einmal bekam der Junge wieder festen Boden unter die Füße. Er sah sein Elternhaus. Licht schien durchs Küchenfenster. Der Kleine atmete tief durch. Nun bin ich wieder zu Hause. Hier bin ich sicher, sagte er zu sich, als er nochmal zurück ins dunkle Moor blickte.

    Wer hat nun das Kind aus seiner Not gerettet? Warum ist es nicht vom Weg abgekommen und untergegangen? Wer hat dem Jungen den Weg nach Hause gezeigt und für ein gutes Ende gesorgt? Annette von Droste-Hülshoff gibt die Antwort: Wäre nicht der Schutzengel gewesen, hätten die Torfgräber eines Tages die bleichen Knöchelchen des Kindes ausgegraben.

    So sah das damals die fromme Dichterin. Und heute? Sind uns die Engel weggeflogen? Oft sieht es danach aus. Was nun? Müssen wir erst wieder auf die himmlischen Diener warten? Unsinn! Wenn wir uns gegenseitig ein wenig zu Engeln machen, kriegen wir das mit dem guten Ende schon hin.

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