Nachdem am 2. November 2021 im BMJ (British Medical Journal) ein Artikel über Datenmängel bei der Zulassungsstudie des Corona-Impfstoffs von Pfizer erschienen war (reitschuster.de berichtete darüber hier), drehten Lead Stories den Bericht durch ihren Wahrheitsfleischwolf, um am 10. November einen „Fact Check“ unter der Kategorie „Falschmeldung“ zu veröffentlichen.
Das von und für Facebook gesponserte Urteil und die darauf folgende Blockade des Inhalts wollten die beiden medizinisch hochqualifizierten Chefredakteure vom BMJ, Dr. Fiona Godlee und Dr. Kamran Abbasi, nicht auf sich sitzen lassen. Schließlich schrieben die zwei sogar einen „Offenen Brief“:
„Lieber Mark Zuckerberg,
wir sind Fiona Godlee und Kamran Abbasi, Chefredakteure von BMJ, einer der ältesten und einflussreichsten allgemeinmedizinischen Zeitschriften der Welt, und wir haben ernste Bedenken hinsichtlich der „Faktenüberprüfung“, die von Drittanbietern im Auftrag von Facebook bzw. Meta durchgeführt wird. (…) Nach unserem Dafürhalten ist der von Lead Stories durchgeführten ‚Faktencheck’ unpräzise, inkompetent und verantwortungslos.“
Vorwurf der ‘Zensur’
Weiter hieß es in dem Brandbrief: „Anstatt einen Teil der beträchtlichen Gewinne von Meta dafür zu investieren, die Richtigkeit von in den sozialen Medien geteilten medizinischen Informationen sicherzustellen, haben Sie die[se] Verantwortung offensichtlich an Personen delegiert, die für die Durchführung dieser wichtigen Aufgabe nicht kompetent sind.“
Das half aber nichts. Statt das vorschnelle – fast schon unverschämte – (Wert)Urteil nun zurückzunehmen, mokierte man sich bei Lead Stories am 27. Januar 2022 darüber, dass BMJ ihnen doch tatsächlich „Zensur“ vorgeworfen hatte. Bemerkenswerter Weise war zu diesem Zeitpunkt das zuvor erwähnte Gütesiegel des IFCN für Lead Stories bereits seit über zwei Monaten abgelaufen.
Während man über die abgelaufene Wahrheits-TÜV-Plakete wohl noch mit einem Schmunzeln hinwegsehen kann, ist das bei der finanziellen Nähe des Pharmariesen Pfizer zu Facebooks Fakt-Check-Schulungspartner ICFJ kaum mehr möglich. Denn ausgerechnet deren Vorzeige-Stipendium, das „Arthur F. Burns Fellowship“, wird auch von Pfizer gesponsort. Das finanzielle Engagement des Pharmakonzerns beim Journalisten-Center reicht mindestens bis ins Jahr 2008 zurück, als man dort ein Trainingsprogramm für Gesundheitsjournalisten in Mexiko finanziert hatte.
ICFJ: Sponsoren des Arthur-Burns-Stipendiums für Journalisten
Interessenkonflikte scheint man diesbezüglich beim Internationalen Center für Journalisten (ICFJ) nicht ausgemacht zu haben. Möglicherweise deshalb, weil man ja ohnehin vom International Fact-Checking Network (IFCN) als unabhängig zertifiziert ist – vermutlich lebenslang.