Zu viel Bein: Schweizer Kanton verbietet „sexistische“ Autowerbung – Aberwitziger Mix aus Hypermoralismus und wokem Wahnsinn.
Von Daniel Weinmann
„Wow! New Prius. Neuer Stil, mehr Leistung und starke Werte“ – so wirbt der japanische Automobilriese Toyota für sein neues Modell namens Prius. „Die aerodynamischen Linien und das markante Äußere verleihen ihm eine beeindruckende Präsenz auf der Straße“, haben sich die Werbetexter weiter ausgedacht.
Ein markantes Äußeres und beeindruckende Präsenz bietet auch Anja Leuenberger. „Als Botschafterin für den neuen Toyota Prius bin ich von seiner rein elektrischen Reichweite von bis zu 86 Kilometern beindruckt“, lässt sich das 31 Jahre alte Model zitieren. Die Aargauerin wurde als 14-Jährige entdeckt und stand nicht zuletzt für internationale Topmarken wie Dolce & Gabbana und Armani. Auf Instagram folgen ihr knapp 100.000 Fans.
Auf einem der Fotos der Werbekampagne, das auch als Plakat gedruckt wurde, steht sie in einem schulterfreien, bodenlangen Abendkleid vor der Beifahrertür eines gelben Prius. Ein Seitenschlitz legt ihre Beine frei. Daneben steht: „Wow! Der neue Prius.“ Für die Waadtländer „beratende Kommission für sexistische Werbung“ ist dies zu viel der Freizügigkeit. Die Sittenwächter stuften die Werbung am 30. August in einer Verfügung als „sexistisch“ ein. Die Plakate müssen verboten werden, lautete die Anordnung. Die Stadt Lausanne folgte widerspruchslos und ließ die in ihrem Zuständigkeitsbereich aufgehängten Plakate überkleben.
„Die abgebildete Person trägt ein Kleid mit einem seitlichen Ausschnitt. Dieser gibt den Blick auf ihr Bein frei, das in einer anzüglichen Position angewinkelt ist“, begründeten die Hohepriester der Lauterkeit das Verbot. Auch die goldenen Keilsandalen und der Blick des Modells würden zum „sexualisierten Eindruck“ beitragen. Topmodel Leuenburger sei auf dem Plakat nur abgebildet, „um Aufmerksamkeit zu erregen“.
„Das Fehlen einer natürlichen Verbindung zwischen der Darstellung dieser Frau und dem Auto verstärkt zudem den aufreizenden Charakter des Plakats“, heißt es weiter. Die Kommission sei der Meinung, „dass die Darstellung der Frau nichts mit dem verkauften Produkt zu tun hat, bei dem es sich um ein Auto handelt.“ Zudem verstärke die Schlankheit des Modells „die Stereotype, die mit dem idealen weiblichen Körper verbunden sind“.
Willkommen im 21. Jahrhundert! Die Erfüllungsgehilfen von Königin Viktoria hätten dies im prüden Britannien des 19. Jahrhunderts vermutlich nicht besser auf den Punkt bringen können. Das Model könnte eine Nutzerin des Autos sein, argumentieren die Moralapostel, aber das wisse der Betrachter im ersten Moment nicht. Vor diesem Hintergrund müsse die Kommission urteilen – und komme so zum Schluss, diese Werbung müsse untersagt werden.
Hätte Anja Leuenberger einen Bart und würde mindestens 80 Kilogramm wiegen oder würde sich als Drag Queen präsentieren, würde die Woke-Society vermutlich Beifall klatschen.
Der Aargauer Nationalrätin der Sozialdemokratischen Fraktion, Yvonne Feri, können derlei Verbote nicht weit genug gehen. Seit Jahren setzt sie sich für schärfere Maßnahmen gegen „sexistische“ Werbung ein. Vier Verbote hat sie zwischenzeitlich erreicht. Und es sollen mehr werden, möglichst in der gesamten Eidgenossenschaft. Wie gut für die Hardlinerin, dass Beschwerden gegen „sexistische“ Werbung außerhalb des Kantons Waadt an die „Schweizerische Lauterkeitskommission“ (sic!) gerichtet werden können.
Zumindest ein kleiner Hoffnungsschimmer: Nach Angaben von Toyota-Sprecher Björn Müller sind neben dem Waadtländer Plakatverbot bislang keine weiteren Beschwerden eingegangen.