Auch Linke sehen die Antifa als Schlägertruppe der Regierung

Es gibt sie noch, die Linke, die ihre emanzipatorische Tradition hochhält. Sie scheint aber immer häufiger in Konflikt mit den Teilen der Linken zu geraten, die sich zu Steigbügelhaltern der Regierung Merkel gemacht hat. Kürzlich erschien im „Freitag“ ein sehr lesenswerter Artikel, der sich mit der Rolle der Antifa als „Putztruppe für autoritäre Dekretregierer“ beschäftigt, die „alles niederbrüllt, was nach Kritik riecht, sei es auch noch so notwendig und angemessen“. Vier Linke aus der Freitag-Community hatten sich kürzlich in Berlin in den Schweigemarsch eingereiht, der gegen die Corona-Maßnahmen demonstrierte. Sie erlebten eine „albtraumhafte Realsatire“.

„In der Demoankündigung wurde explizit darum gebeten, Flaggen, Schilder, Banner, sowie Kleidung mit Parolen, Organisationen, Vereinen und Symbolen zu Hause zu lassen – ein probates und kluges Mittel, um diejenigen fernzuhalten, die gerne versuchen, solchen Kundgebungen ihren symbolischen Stempel aufzudrücken, andererseits ebensolche Menschen anzusprechen, die nicht gerne unter fremder Flagge oder stumpfen Parolen gezählt werden möchten. Es wurde ferner ausdrücklich auf Einhaltung der Hygieneregeln hingewiesen (woran die TeilnehmerInnen sich auch hielten)“. Keiner der Vier sah Neonazis oder Reichsbürger im Demozug . Es war „eine bunte Mischung, alte, junge, bürgerliche, hippe, unauffällige, hippieeske, legere, langhaarige, lockige, akademische, proletarische… Allerdings waren die Aktivitäten der Antifa unübersehbar.

Die Mobilisierung und das Framing der Demo als Nazi- und Verschwörermarsch zuvor war immens. Schon auf der Bornholmer Brücke standen die ersten jugendlichen Antifas, mit Trillerpfeifen, Töpfen und laut „Nazis raus“ skandierend – ich konnte es nicht glauben und hab ihnen über die Köpfe der Polizei hinweg zugerufen „Ich hab schon über Nazis geschrieben und in linken Voküs den Kochlöffel geschwungen, da habt ihr noch bei Mami gewohnt, was fällt euch ein, mich hier als Nazi zu beschimpfen?“. Keine Reaktion, totale Diskussionsverweigerung – ein Umstand, der uns die restliche Demo begleiten sollte. Auf der Bornholmer Straße wurde es dann wild. Trillerpfeifen, Töpfeklappern, teils Musik und Lautsprecherdurchsagen von Balkonen, eine Gegendemonstrantin hupte wie wild in ihrem Auto am Straßenrand. Schilder, Transparente, Höllenlärm“.

So ging es weiter: „Ab der Ecke Schönhauser begleitete dann ein ganzer Zug Gegendemonstranten permanent die Demo, aggressive, teils hasserfüllte Stimmung, Lärm, Tröten, Stinkefinger, pauschal diffamierende Plakate, „Haut ab“- und „Ihr marschiert mit Nazis und Faschisten“-Sprechchöre (um Aerosole und Mindestabstand hat sich da natürlich keiner geschert…), ich habe gesehen, wie auf Leute gespuckt worden ist, einem älteren Mann wurde der Regenschirm entrissen und in die Menge geschleudert… Meine BegleiterInnen und ich kamen uns vor wie in einem surrealen Film, eine albtraumhafte Realsatire. Kann es sein, dass Linke, mit denen man sich kurz zuvor noch politisch verbunden gefühlt, z. T. sogar konkret tätig gewesen ist, einen plötzlich als Nazi, Antisemiten und Verschwörungstheoretiker beschimpfen und bedrohen?“

Warum die Antifa sich zum Büttel der Regierung macht, ist die große Frage, die schon lange im Raum steht, nicht erst seit es Querdenken gibt. Noch kritischer ist die Frage, warum die Regierung sich solcher Unterstützer bedient.

  Vera Lengsfeld bei einer Lesung
Bürgerrechtlerin in der DDR, Mitglied des Deutschen Bundestags 1990 bis 2005,
freie Journalistin, Mitglied der Werteunion

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