Verrückte Zeiten

(von Boris Reitschuster übernommen)

In diesen verrückten Zeiten gibt es zahlreiche Nachrufe auf Angela Merkel. Auch auf meiner Seite. Bundespräsident Steinmeier habe sie bei ihrer offiziellen Entlassung regelrecht heiliggesprochen, fand Alexander Wallasch in seiner Analyse der Rede des Staatsoberhaupts. Dabei könnte die Verabschiedung etwas verfrüht sein. In Berlin wird bereits gemunkelt, dass hinter den Kulissen der möglichen Ampel-Koalition viel heftiger gestritten wird, als das nach außen gelangt.

Letztlich, so zumindest die Aussage eines Insiders, könnte es auf ein Scheitern der Verhandlungen hinauslaufen. Nur aktuell traue sich niemand, nach außen hin als Spielverderber dazustehn. Es sei wie in einem billigen Western: Wer zuerst zuckt, bekommt den Schwarzen Peter und steht dann als Gelackmeierter da. Soviel hat Christian Lindner aus seinem Ausstieg aus den Jamaika-Verhandlungen von vor vier Jahren gelernt. Letztendlich stünden aber auf der einen Seite SPD und Grüne und auf der anderen Seite die FDP vor dem Dilemma, da eine Seite eine tödliche Pille schlucken muss – wer als Einknicker dastünde und sich nicht durchsetzen kann, würde die eigene Klientel völlig entfremden, ja vor den Kopf stoßen.

Sollte die Ampel nicht funktionieren, blieben Jamaika oder eine neue große Koalition. Für beides ist die CDU in einem desolaten Zustand: eine neue Groko unter einem SPD-Kanzler wäre zudem für die Union die ultimative Demütigung. Mein gut informierter Gesprächspartner hält deshalb Neuwahlen im Frühjahr für möglich: “Und dann haben wir noch fast ein Jahr Merkel”, so seine Warnung. Ich mache mir seine Einschätzung nicht zu eigen – möchte Ihnen aber auch nicht vorenthalten, was in Berlin alles gemunkelt wird. Und auch wenn ein weiteres Jahr Merkel einerseits ein GAU wäre, ein größtmöglicher Unfall – machen wir uns nichts vor: Auch eine Ampel würde im Sinne der Kanzlerin weiter regieren.

Früher hätte ich an dieer Stelle von einem Linksruck geschrieben. Aber nach einem interessanten Interview mit dem Medienwissenschaftler Professor Norbert Bolz bin ich noch vorsichtiger mit diesem Begriff als bisher – auch wenn ich mir diese Vorsicht schon oft vorgenommen habe. In dem Gespräch erinnerte Bolz daran, diejenigen auf der Berliner Bühne, die sich heute links nennen, haben zu einem großen Teil nichts mehr mit klassischen linken Idealen zu tun. Ja zu einem großen Teil Verräter derselben sind. Statt um die klassische Klientel – Arbeiter und sozial Schwache – haben sie sich, oft zu deren Lasten, auf die Interessenvertretung der Minderheiten konzentriert. Und dabei eine kulturelle Hegemonie erkämpft. Bolz spricht von einem Bürgerkrieg der neuen “woken” Eliten gegen die Mehrheitsbevölkerung. Ich lege Ihnen das Interview außerordentlich ans Herz. Auch mir hat es für vieles die Augen geöffnet. Es erklärt viele der Prozesse, die wir aktuell erleben. Hier der Link:

https://rumble.com/voawbl-bolz-v1.html

 

 

 

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